Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung in Probezeit. Wehrdienst als Kündigungsgrund. Darlegungs- und Beweislast für Kündigungsgrund

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn der Arbeitnehmer behauptet, die Kündigung verstoße gegen die Kündigungsverbote gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG und der Arbeitgeber bestreitet dies, wird die Beweislast für die Kündigungsgründe nach § 2 Abs. 2 Satz 3 ArbPlSchG umgekehrt und der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Einberufung zum Wehrdienst seinen Entschluss zur Kündigung des Wehrpflichtigen nicht bestimmt hat.

 

Normenkette

BGB § 134; ArbPlSchG § 2 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.01.2013; Aktenzeichen 19 Ca 4687/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. Januar 2013 verkündeten Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main - 19 Ca 4687/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die Rechtswirksamkeit einer Kündigung durch die Beklagte.

Die Beklagte beschäftigt in A mehr als 1600 Mitarbeiter an 18 Standorten.

Der am B geborene, geschiedene und einer Person zum Unterhalt verpflichtete Kläger, der Angehöriger der C ist, ist seit dem 02. bzw. 03. Januar 2012 bei der Beklagten als Senior Account Manager beschäftigt. Grundlage ist ein schriftlicher Vertrag, der von der Beklagten als Blatt 33 - 41 in englischer Sprache zu den Akten gereicht wurde. Die Parteien haben in Ziffer 2 des Vertrages eine Probezeit von sechs Monaten und während der Probezeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart. Während seiner Tätigkeit für die Beklagte erhielt der Kläger eine monatliche Bruttovergütung von durchschnittlich 8.583,33 Euro zuzüglich einer eventuellen variablen Vergütung. Mit Bescheid vom 10. Januar 2012 (im Folgenden: Heranziehungsbescheid) hat das Kreiswehrersatzamt D den Kläger zu einer Einzelübung herangezogen, welche für den Zeitraum vom 29. Oktober 2012 bis zum 09. November 2012 geplant war, wegen der Einzelheiten des Heranziehungsbescheides wird auf Bl. 65 d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2012, das dem Kläger am selben Tag zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 05. Juli 2012, wegen der Einzelheiten des - englischsprachigen - Kündigungsschreibens wird auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen.

Mit seiner am 10. Juli 2012 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen Klage, die der Beklagten am 13. Juli 2012 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung.

Der Kläger hat im Zeitraum vom 05. Juli bis 30. November 2012 Wehrdienst geleistet und eine entsprechende Besoldung erhalten, die sich oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze bewegte.

Der Kläger hat behauptet, er habe die von ihm geschuldete arbeitsvertragliche Leistung stets in vollem Umfang erbracht. Irgendwelche Beanstandungen seitens der Beklagten habe es zu keiner Zeit gegeben. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis aus Anlass seiner anstehenden Wehrübung gekündigt. Er habe den Heranziehungsbescheid am 16. Januar 2012 per E-Mail an die Beklagte übermittelt und nimmt insoweit Bezug auf den mit der Anlage K 5 vorgelegten internen E-Mail-Verkehr, wegen dessen Einzelheiten wird auf Bl. 67 - 69 d. A. Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt, soweit im Berufungsverfahren noch angefallen,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20. Juni 2012 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Einberufung des Klägers zur Wehrübung zu keinem Zeitpunkt ein Motiv für den Ausspruch der Kündigung gewesen sei. Vielmehr habe die Beklagte gekündigt, weil sie mit der Leistung des Klägers, insbesondere im Hinblick auf sein exponiertes Gehalt, nicht zufrieden gewesen sei. Einzig dieses Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung sei Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen. Wegen des zwischenzeitlichen Ausscheidens der Mitarbeiterin E könne nicht festgestellt werden, ob der Kläger überhaupt, wie von ihm behauptet, die Beklagte von der Wehrübung unterrichtet habe. Deshalb hat die Beklagte die diesbezügliche Mitteilung des Klägers bestritten.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2012 mit am 17. Januar 2013 verkündetem Urteil der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 20. Juni 2012 nach § 134 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG nichtig sei. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 ArbPlSchG dürfe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht aus Anlass des Wehrdienstes kündigen. Aus § 1 Abs. 1 ArbPlSchG ergebe sich, dass der Begriff des Wehrdienstes sowohl den Grundwehrdienst als auch Wehrübungen umfasse. Das Gesetz stelle für den Fall, dass die Entlassung vorgenommen werde, nachdem der Arbeitgeber von der Einberufung Kenntnis erhalten habe, eine widerlegbare V...

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