Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung der Aufgaben nach der Abfallverordnung als privatrechtliche Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Übernimmt eine juristische Person des öffentlichen Rechts Aufgaben, wie sie auch von Personen des Privatrechts ausgeübt werden, ist ihre Tätigkeit nicht mehr hoheitlich, selbst wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der zu beurteilenden Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Leistungsverpflichtung nachkommt und die Einnahmen, die sie durch die Tätigkeit erzielt, in Form öffentlich-rechtlicher Gebühren oder eines Beitrages erhoben werden
  2. Die Erfüllung von Aufgaben nach der Verpackungsverordnung stellt keine Ausübung öffentlicher Gewalt dar.
  3. Für die steuerliche Erfassung von Eigenbetrieben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Betrieben, die unmittelbar der Kämmerei unterstellt sind, als einheitlichen Betrieb gewerblicher Art fehlt es an der organisatorischen Zusammenfassung.
 

Normenkette

KStG § 4 Abs. 1, 5; VerpackV § 6 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1994

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.09.2002; Aktenzeichen I R 42/01)

 

Tatbestand

Die Klägerin, die Stadt X, unterhielt im Streitjahr mehrere Betriebe die nicht als Eigenbetriebe organisiert waren, sondern wirtschaftlich direkt von der Kämmerei der Klägerin verwaltet wurden: Die Fernheizwerke der Stadt X, das Fernheizwerk beim Zentralbad, die Theatertiefgarage und die Industriegleisanlagen. Darüber hinaus hatte die Klägerin mit Wirkung vom 1.1.1993 den “Eigenbetrieb Verpackungverordnung der Stadt Darmstadt” (EVD) gegründet.

Streitig ist, ob alle fünf Betriebe entsprechend der am 5.5.1997 bei dem Finanzamt eingegangenen Körperschaftsteuererklärung für das 1994 steuerrechtlich als ein BgA i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) behandelt werden können und deshalb Gewinne und Verluste der einzelnen Betriebe miteinander zu verrechnen sind.

Hinsichtlich der einzelnen Betriebe liegt dem Rechtsstreit folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Fernheizwerke der Stadt X umfassen laut Lagebericht 1994 die Fernheizwerke in 1, 2, 3 und die Fernheizung im 4. Aufgabe der Fernheizwerke bzw. der Fernheizung war die Versorgung der Kunden in den entsprechenden Versorgungsgebieten mit Wärme zum Zwecke der Raumheizung und der Warmwasserbereitung. Der Betrieb beschäftigte kein eigenes Personal; er bediente sich insbesondere der Mitarbeiter der Y-AG. Für das Fernheizwerk beim Zentralbad und die Theatertiefgarage wurden gesonderte Einnahme-Überschussrechnungen erstellt. Alle drei Betriebe waren vor dem Streitjahr als ein BgA behandelt worden und wurden bei dem Finanzamt unter der Steuernummer geführt. Insoweit waren Beteiligten übereinstimmend der Ansicht, es handele sich um Verkehrs- bzw. Versorgungbetriebe i.S.d. § 4 Abs. 3 KStG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV), die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für Zwecke der Besteuerung zusammengefasst werden könnten.

Nach seiner Betriebssatzung vom 12.2.1993 (mittlerweile abgelöst durch Satzung vom 5.10.1994 mit Geltung ab 1.1.1995) sollte der “Eigenbetrieb Verpackungsverordnung der Stadt X” (EVD) den Aufbau und der Betrieb eines Getrenntsammelsystems für Transportverpackungen im Bereich Papier/Pappe/Karton gemäß § 4 der Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordrnung - VerpackV) sowie den Aufbau und den Betrieb eines Getrenntsammelsystems für Verkaufsverpackungen gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV durchführen. Zweck sollte nach § 1 Abs. 2 der Satzung “ausschließlich die Sammlung, der Transport (Altpapier, Leichtverpackungen, Altglas -letzteres wegen Sammlung und Transport durch eine Privatfirma -) und die Weiterleitung von verwertbaren Stoffen an Dritte zur stofflichen Verwertung” gemäß VerpackV sein. Die konkrete Tätigkeit des EVD bestand im Jahre 1994 nach dem Sachvortrag der Klägerin darin, ein flächendeckendes System anzubieten, mit dem die Bürger Altglas und Altmetalle an Containerstandorten getrennt entsorgen können und die Stoffe zu verwerten bzw. zu entsorgen, sogenannte Leichtverpackungsstoffe über die “Gelben Säcke” einzusammeln, zu verwerten und zu entsorgen sowie einen Teil des Altpapiers - den Verpackungsanteil - über die “Grüne Tonne” einzusammeln und zu entsorgen und die Bürger in der Abfallvermeidung, -trennung und -entsorgung zu beraten (entgegen der Darstellung im Klageschriftsatz, Bl. 14 FGA, dürfte die Durchführung der Straßenreinigung und des Winterdienstes - im Einzelauftrag - auf privaten Flächen erst ab 1995 stattgefunden haben, vgl. Satzungen und Bl. 45f. FGA). Die Zusammenarbeit mit der Duales System Deutschland Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung mbH (DSD)erfolgte auf der Grundlage des Vertrages über Aufbau und Betrieb eines Systems zur Erfassung und Sortierung von gebrauchten Verkaufsverpackungen nach der VerpackungsV zischen der DSD und der Klägerin vom 16.11.1992 sowie auf der Grundlage des 1. Nachtragvertrages hieruzu vom 20.7.1994...

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