Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Betriebsaufgabe und -unterbrechung beim Betrieb eines Aussiedlerwohnheims

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Betriebsunterbrechung setzt voraus, dass bei der Einstellung der werbenden Tätigkeit die Absicht besteht und die Verwirklichung der Absicht nach den äußerlich erkennbaren Umständen wahrscheinlich ist, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, so dass der stillgelegte und der (wieder-)eröffnete Betrieb als identisch anzusehen sind.

2. Eine identitätswahrende Fortführung des Betriebes ist an den Fortbestand wesentlicher Betriebsgrundlagen gebunden.

3. Wesentliche Grundlagen eines Betriebes sind diejenigen Wirtschaftsgüter, die aufgrund ihrer tatsächlichen Verwendung zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt.

4. Das als Mindestausstattung vorgeschriebene Mobiliar eines Aussiedlerwohnheims ist dessen notwendige Betriebsgrundlage.

5. Die Identität des Betriebes eines Aussiedlerwohnheims ist nach Fortschaffung der tatsächlich noch brauchbaren, für den Betrieb einer solchen Unterkunft maßgeblichen Einrichtungsgegenstände nicht mehr gewährleistet, so dass die Möglichkeit der identitätswahrenden Betriebsfortführung nicht mehr besteht. .

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1996

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung der Veräußerung eines in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen als Aussiedlerwohnheim genutzten Hauses.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr als angestellter xxxxxxxx Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erzielte im Streitjahr geringfügige Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Am xx.xx 1992 erwarb der Kläger von der Firma xxxxxxxxxxxxx GmbH (H-GmbH) eine ehemalige Gaststätte in xxxxxxxx, die bereits zum damaligen Zeitpunkt aufgrund eines mit dem Land Hessen (vertreten durch das RP xxxxxxxxxxx) geschlossenen Vertrages vom xx.xx.xxxx als Aussiedlerunterkunft genutzt wurde. Der Kaufpreis betrug xxxxxxxxx DM, wobei Inventar zu einem Wert von xxxxxxxxx DM übernommen wurde. Unter dem Datum des xx.xx.1993 schloss der Kläger mit dem Land Hessen bzgl. des vorgenannten Objektes einen eigenen Vertrag betreffend die Unterbringung von Aussiedlern ab. Danach sollte das Nutzungsverhältnis am xxxx.1993 beginnen und am xxxx.1995 enden; die Mietzeit sollte sich jeweils um ein halbes Jahr verlängern, falls das Land Hessen nicht spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit einen entgegenstehenden Willen anzeigt.

Mit Schreiben vom xx.xx.1994 teilte das RP xxxxxxxx dem Kläger - nach vorausgegangener fernmündlicher Korrespondenz - mit, dass über den xx.xx.1995 hinaus wegen rückläufiger Zugangszahlen für die Nutzung als Aussiedlerunterbringung kein Bedarf mehr bestehe und kündigte den Vertrag zum xx.xx.1995. Ab dem xx.xx.1995 stand das Objekt leer. Der Kläger überließ nach seinen Angaben im außergerichtlichen Schreiben vom xx.xx.1996 xxxx xxxxxxxxxx 1995 dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) noch brauchbare Einrichtungsgegenstände. Das DRK stellte in diesem Zusammenhang u.a. unter dem Datum des xx.xx.1996 eine Bestätigung über eine Sachspende vom xx.xx.1995 im Wert von xxxxxxxxx DM aus. Bereits im Jahre 1994 hatte der Kläger ein Ingenieurbüro mit der Planung eines Umbaus zu einem Sechsfamilienhaus mit getrennt vermietbaren Wohnungen beauftragt. Das geplante Umbauvorhaben wurde - trotz Genehmigung der zuständigen Behörde vom xx.xx.1995 - nicht verwirklicht. Ferner führten Vermittlungsbemühungen eines vom Kläger beauftragten Maklers nicht zum Abschluss eines neuen Nutzungsvertrages. Mit Vertrag vom xx.xx.1996 verkaufte der Kläger das Objekt zu einem Preis von xxxxxxxxxx DM.

Für die Jahre 1993 bis 1995 wurden bzgl. des Objektes in xxxxxxxxx jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt und veranlagt. Für das Streitjahr 1996 machten die Kläger diesbezüglich - erfolglos - einen Veräußerungsverlust gem. § 16 Einkommensteuergesetz (EStG) i.H.v. xxxxxxx DM geltend. Mit Einspruchsentscheidung vom xx.xx.1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen an, dass die aus dem Betrieb des Wohnheims erzielten Einkünfte angesichts der tatsächlichen Verhältnisse von Beginn an als solche aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln seien. Somit habe das Grundstück zu keinem Zeitpunkt Betriebsvermögen dargestellt. Der Veräußerungsverlust sei mithin als nicht steuerbarer Vorgang auf der privaten Vermögensebene außer Ansatz zu lassen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger vertreten auch im Klageverfahren die Auffassung, dass die Nutzung des Aussiedlerwohnheimes angesichts der konkreten vertraglichen, zum Teil täglich wahrzunehmenden Verpflichtungen sowie der tatsächlichen Gegebenheit...

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