vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen selbstständiger Subunternehmerschaft und Arbeitnehmertätigkeit bei sog. Betonglättern

 

Leitsatz (redaktionell)

Betonglätter, die als Teil einer Arbeitskolonne mit dem Einbau und dem maschinellen glätten von Betonfußböden beauftragt sind, sind typischerweise nicht als selbstständige Subunternehmer, sondern als Arbeitnehmer des Auftraggebers anzusehen, die in dessen Organisation eingebunden und von den Weisungen eines Kolonnenführers abhängig sind. Es handelt sich um Tätigkeiten, die ihrem Wesen nach einfach sind und eine enge zeitliche und inhaltliche Abstimmung der eingesetzten Personen erfordern.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1; LStDV § 1 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Arbeitnehmereigenschaft von Hilfspersonen beim Einbau und Glätten von Betonfußböden und die hierauf beruhende Haftungsinanspruchnahme der Klägerin für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer. Die Klägerin ist eine eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Als alleinige und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin ist seit Gründung Frau X bestellt. Anteilseigner der Klägerin sind seit Gründung X sowie Herr Y, bei dem es sich um den langjährigen Lebensgefährten der X handelt. Anlässlich der Gründung der Klägerin hatte Y sein Einzelunternehmen mit dem Gegenstand des Einbaus und des Glättens von Beton und Estrich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Klägerin eingebracht. In 2013 wurde der Sitz der Klägerin nach Stadt verlegt und die Klägerin im Handelsregister des dortigen Amtsgerichts eingetragen. Schon vorher unterhielt die Klägerin ein Büro in Stadt, was durch den Umzug der X und des Y in diese Stadt bedingt war. Bereits bei oder unmittelbar nach Gründung (d. h. jedenfalls noch im Jahre 2000) zog sich X aufgrund der gemeinsamen Kinder aus der Wahrnehmung ihrer Geschäftsführungsaufgaben im Tagesgeschäft der Klägerin zurück. Seitdem führt Y die Gesellschaft sowohl in technischer als auch in kaufmännischer Hinsicht, wobei zwischen X und Y vereinbart wurde, dass Y für die Klägerin wirksam Rechtsgeschäfte abschließen kann.

Eingetragener Unternehmensgegenstand der Klägerin sind seit Gründung Betonarbeiten aller Art, Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie die Reparatur und Sanierung von Bauwerken. Tatsächlich befasste sich die Klägerin – ebenso wie zuvor Y im Rahmen seines Einzelunternehmens – in den Streitjahren mit der Herstellung von Industriefußböden, d. h. dem manuellen Einbau des von Drittunternehmen angelieferten Betons mit einer vom Auftraggeber vorgegebenen Dicke (gegebenenfalls unter Integration von Stahlfasern, der Einstreuung und Verdichtung von Hartstoffen, dem Einbau einer besonderen Industrieverschließschicht und der Ausbildung eines Gefälles) sowie der maschinellen Glättung der betonierten Fläche. Die Kunden bzw. Baustellen befanden sich im gesamten Bundesgebiet, wobei die Klägerin zur Akquisition und Koordinierung der Aufträge verschiedene selbständige Vertriebspersonen beauftragt hatte. Ihre Leistungen stellte die Klägerin den Kunden jeweils als Gesamtgewerke in Rechnung. Zur Ausführung der Arbeiten beschäftigte die Klägerin neben eigenen Arbeitnehmern in den Streitjahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten insgesamt 41 Personen mit bulgarischer und in einem Fall algerischer Staatsangehörigkeit, die der Klägerin ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem “Glätten von Oberflächen” als vorgeblich selbständige Subunternehmer in Rechnung stellten, nachdem sie bei den zuständigen Behörden ein entsprechendes Gewerbe angemeldet hatten. Die Klägerin erfasste die in Rechnung gestellten Beträge in ihrer Gewinnermittlung als Betriebsausgaben und vertrat die Auffassung, dass lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse nicht vorlägen, weshalb sie entsprechende Abzugsbeträge an die zuständigen Behörden weder einbehielt noch abführte.

Infolge verschiedener Verdachtsmomente (unter anderem einer anonymen Anzeige) führte das Hauptzollamt (FKS – Finanzkontrolle Schwarzarbeit) bei der Klägerin Ermittlungen durch, in deren Zuge unter anderem gegen Y und X in 2010 ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Veruntreuung von Arbeitsentgelt und des Betrugs durch Beschäftigung von Scheinselbständigen eröffnet wurde. Gleichzeitig führte die für den damaligen Sitz der Klägerin in Stadt 2 zuständige Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt 2 Ermittlungen wegen des Verdachts der Hinterziehung von Lohnsteuer für die Zeiträume April 2007 bis März 2012 durch. Dabei wurden neben den insgesamt 660 Subunternehmerrechnungen nebst Aufträgen und Zahlungsunterlagen unter anderem teils unterzeichnete und teils nicht unterzeichnete “Bestätigungen über den Erhalt von tariflichem Mindestlohn”, von Y unterzeichnete, aber hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen und Preise nicht ausgefüllte Formulare der Klägerin über die Vergabe von Aufträgen an b...

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