Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei Versäumen der Antragsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die einmalige rechtsfehlerhafte Durchführung einer Antragsveranlagung trotz Versäumens der Antragsfrist ist kein Vertrauenstatbestand, der bei erneutem Versäumen der Antragsfrist eine Wiedereinsetzung rechtfertigt.
  2. Die Unkenntnis von der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG stellt ein schuldhaftes Versäumen der Frist dar, wenn auf die Antragsfrist bereits seit Jahren in der mit der Lohnsteuerkarte verschickten Broschüre „ Kleiner Ratgeber für Lohnsteuerzahler” hingewiesen wird.
 

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8; AO § 110 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern wegen Versäumung der Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und dem gemäß der Beklagte zur Durchführung der Veranlagung verpflichtet ist.

Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger ist als ... nichtselbständig tätig, während die Klägerin keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.

Nachdem der Beklagte am 24.10.2000 an die Abgabe der Einkommensteuererklärung 1999 erinnert und am 26.1.2001 dieserhalb nochmals die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht hatte, haben die Kläger die Einkommensteuererklärung schließlich am 17.10.2002 bei dem Beklagten eingereicht. Darin haben sie Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von xxx.xxx DM, Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit als ... in Höhe von xxx DM sowie gemeinsam Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. xxx.xxx DM (Werbungskostenüberschuss) und Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von x.xxx DM erklärt.

Mit Verfügung über die Nichtveranlagung (NV) zur Einkommensteuer 1999 vom 5.12.2002 lehnte der Beklagte eine Veranlagung ab unter Hinweis darauf, dass das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bestehe, die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1-7 EStG nicht vorlägen und der Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht fristgerecht gestellt worden sei.

Mit dem am 17.12.2002 eingelegten Einspruch haben die Kläger zugleich begehrt, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie seien zwar mit der Einreichung ihrer Steuererklärungen seit 1996 säumig gewesen. Dies beruhe jedoch nicht auf Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit, sondern der beruflichen Überlastung des Klägers, der seit Anfang 1997 zwei ... Tochterunternehmen eines ... Konzerns als ... verantwortlich leite. Diese Funktion habe ihn über die Grenze der gesundheitlich zumutbaren Belastung gefordert. Ein Steuerberater sei nicht mit der Erstellung der Erklärungen beauftragt worden, weil dessen Einarbeitung in die komplexe Sachlage noch zeitaufwändiger erschienen sei. Die Abgabefrist von zwei Jahren sei ihnen auch nicht bekannt gewesen. Aufgrund der Verfahrensweise des Beklagten seien sie zudem der irrigen, aber entschuldbaren Meinung gewesen, sich die Abgabe der Erklärung über die gesetzlich vorgesehenen Fristen hinaus durch die bereitwillige Zahlung von Zwangsgeldern „erkaufen” zu können. So sei die Erklärung 1997 erst im März 2000 eingereicht und nach der Entrichtung eines Zwangsgeldes trotz Verfristung von dem Beklagten bearbeitet worden. Auch die Aufforderungen zur Abgabe der Erklärung für das Streitjahr mit Strafandrohung vom 24.10.2000 und 26.1.2001 hätten sie so verstanden, dass die Erklärung in jedem Fall abzugeben und dann auch zu veranlagen sei, zumal die Rechtsbelehrungen insoweit unvollständig gewesen seien, als zwar die Schätzung und die Festsetzung von Zwangsgeldern angedroht worden seien, nicht aber eine Nichtveranlagung. Hiernach hätten sie davon ausgehen können, dass die Aufzählung der möglichen Nachteile vollständig sei und ihnen keine weiteren Übel drohten.

Der Beklagte hat den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen und dabei im Wesentlichen ausgeführt: Die Kläger seien nicht ohne Verschulden i.S.v. § 110 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) an der Einhaltung der Antragsfrist gehindert gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung könne die Unkenntnis über steuerrechtliche Vorschriften - hier über die Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung - eine Wiedereinsetzung regelmäßig nicht rechtfertigen, sofern ein Rechtsirrtum nicht durch eine falsche Beratung oder Auskunftserteilung, ggf. auch durch die Finanzbehörde, hervorgerufen worden sei. Dem Steuerpflichtigen sei zuzumuten, sich ausreichend zu informieren. Bei den Hinweisen in den Verfügungen vom 24.10.2000 und vom 26.1.2001 handele es sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht um eine (unvollständige) Rechtsbehelfsbelehrung. Wäre bekannt gewesen, dass die Kläger lediglich die nunmehr erklärten Einkünfte erzielt hätten, wäre eine Aufforderung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung ohnehin unterblieben. Schließlich stelle auch die von den Klägern geltend gemachte Arbeitsüberlastung nach ständiger Rechtsprechung keine...

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