Entscheidungsstichwort (Thema)

Organschaft zwischen einem Betrieb gewerblicher Art und einer städtischen Versorgungsbetriebs GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Betrieb gewerblicher Art kann nur Organträger sein, wenn er ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG betreibt; was die Absicht voraussetzt, durch das Unternehmen des Betriebs gewerblicher Art Gewinne zu erzielen.
  2. Die Gewinnerzielungsabsicht beurteilt sich nach der konkreten Struktur des Betriebs gewerblicher Art, wobei auch sich im gewillkürten Betriebsvermögen befindliche Gesellschaftsanteile zu berücksichtigen sind. Einzubeziehen sind auch Gewinne einer zum Betrieb gewerblicher Art gehörenden Tochtergesellschaft.
  3. Versorgungsbetriebe und Bäderbetriebe mit einem Blockheizkraftwerk die von einer Gebietskörperschaft betrieben werden, können mit steuerlicher Wirkung zu einem einheitlichen Betriebs gewerblicher Art, auch über eine Organschaft zusammengefasst werden, wenn zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse -hier über die Energieversorgung- objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht.
  4. Der Umstand, dass nach der Einlage der Geschäftsanteile an dem Versorgungsunternehmen ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen wird und deshalb die Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern abgeführt werden, ändert nichts daran, dass die Einlage der Geschäftsanteile an dem Versorgungsunternehmen wirksam ist.
 

Normenkette

KStG §§ 14, 4; EStG § 15 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2003

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin im Jahr 2003 (Streitjahr) körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Organgesellschaft des Bäderbetriebs der Stadt X war.

Die Klägerin ist eine 1995 gegründete und beim Amtsgericht eingetragene GmbH, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Sie betreibt ein Energieversorgungsunternehmen und versorgt alle Stadtteile der Stadt X mit Wasser und Strom sowie die Kernstadt X und einige weitere Stadtteile mit Gas.

Alleingesellschafter der Klägerin ist die Stadt X (im Folgenden die Stadt).

Die Stadt hat einen Bäderbetrieb, der als Eigenbetrieb nach dem Hessischen Eigenbetriebsgesetz das Wellenbad X sowie die Freibäder X betrieb und vom Beklagten als Betrieb gewerblicher Art (BgA) Bäderbetrieb veranlagt wird. Im Jahr 1999 errichtete die Stadt in dem Wellenbad ein Blockheizkraftwerk. Im Jahr 2000 beschloss die Stadt, die Geschäftsanteile der Stadt an der Klägerin in den bis dahin Verluste erzielenden Eigenbetrieb Bäderbetrieb (im Folgenden Bäderbetrieb) einzulegen. Der Bäderbetrieb wies deshalb in den Jahresabschlüssen für die Jahre 2000 bis 2010 die Geschäftsanteile an der Klägerin als Beteiligung aus und erzielte in diesen Jahren einen Überschuss von insgesamt rund …. Mio Euro.

Im November 2002 schlossen der Bäderbetrieb und die Kläger mit Wirkung ab 01.01.2002 einen – 2013 gekündigten – Gewinnabführungsvertrag, dem die Gesellschafterversammlung der Klägerin am 16.12.2002 zustimmte und der im Jahr 2003 in das Handelsregister eingetragen wurde. In dem GAV verpflichteten sich die Klägerin zur Abführung ihres Gewinns an den Bäderbetrieb und der Bäderbetrieb zur Übernahme etwaiger Verluste der Klägerin. Der Gewinnabführungsvertrag war erstmalig zum 31.12.2007 ordentlich kündbar. Im Einzelnen wird zum Inhalt des – vom Beklagten inhaltlich nicht beanstandeten – Gewinnabführungsvertrags auf die Akten verwiesen.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr einen an den Bäderbetrieb abgeführten Gewinn in Höhe von ca. …. Mio Euro (siehe im Einzelnen Bilanzheft 2003). Der Bäderbetrieb erzielte im Streitjahr einschließlich der Gewinnabführung einen Jahresüberschuss in Höhe von ….-tausend Euro.

In ihren Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für das Streitjahr ging die Klägerin davon aus, dass das zu versteuernde Einkommen und der Gewerbeertrag auf Grund einer zum Bäderbetrieb bestehenden Organschaft nicht bei der Klägerin, sondern gemäß §§ 14, 17 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (KStG) und § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bei dem BgA Bäderbetrieb der Körper- und Gewerbesteuer unterliege.

Die Klägerin wurde zunächst nicht veranlagt.

Die Klägerin erzielte auch in den Jahren 2002, 2004, 2005 und 2007 jeweils an den Bäderbetrieb abgeführte Gewinne. Für 2006 ergab sich – vor Berücksichtigung der Verlustübernahme durch den Bäderbetrieb – ein Jahresfehlbetrag in Höhe von rund …. Mio Euro. Dieser beruhte darauf, dass die Betriebsprüfer des Beklagten im Zuge einer für die Jahre 2000 bis 2002 durchgeführten Außenprüfung zu der Ansicht gelangt waren, dass der Bäderbetrieb dauerdefizitär sei und deshalb der insoweit bestehende Betrieb gewerblicher Art (BgA) kein Organträger sein könne. Auf Grund der drohenden Versagung der Organschaft berücksichtigte die Klägerin in ihren Jahresabschlüssen für 2006 und 2007 den sich bei einer Versagung der Organschaft ergebenden Steueraufwand, wobei dies im Jahresabschluss 2006 auch den Steueraufwand für die Vorjahre umfasst...

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