vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung des Liquidationsgewinns an einem inländischen Grundstück einer ausländischen Domizilgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Domizilgesellschaft kann als ausländische Kapitalgesellschaft zivilrechtliche Eigentümerin eines Grundstücks sein und daraus als Inhaberin der Einkunftsquelle Vermietungseinkünfte erzielen.
  2. Mangels sachlicher und personeller Ressourcen einer Domizilgesellschaft im Ausland befindet sich, wenn die Geschäfte von ihrem Gesellschafter im Inland betrieben werden, die Geschäftsleitung regelmäßig im Inland, so dass die Gesellschaft mit ihren Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig ist.
  3. Wird im Rahmen der Liquidation einer ausländischen Gesellschaft ein Grundstück unentgeltlich an den Gesellschafter übertragen, ist der als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierende Vorgang als Veräußerungsfiktion im Sinne des §§ 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG anzusehen. Der gemeine Wert des Grundstücks gilt dabei als fremdüblich erzieltes Veräußerungsentgelt anzusetzen.
  4. Im Rahmen der Liquidation einer Kapitalgesellschaft drängt sich bereits für einen Laien die Besteuerung der stillen Reserven des aufzulösenden Betriebsvermögens auf. Ein gesetzlicher Vertreter gemäß § 34 AO bzw. ein Verfügungsberechtigter nach § 35 AO sind bei der Liquidation einer Kapitalgesellschaft gehalten, Rücklagen für die Versteuerung stiller Reserven des aufzulösenden Betriebsvermögens zu bilden.
 

Normenkette

KStG § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2 f.; AO §§ 34-35

 

Streitjahr(e)

2015

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Haftungsinanspruchnahme.

Der Kläger zu 1. (im Folgenden auch: E), der Tierarzt ist, war – nach der Auflösung einer Treuhandgesellschaft des Klägers zu 2. (im Folgenden auch: L) – zumindest ab 2010 alleiniger Gesellschafter der S-S.A. (im Folgenden: S). Bei S handelte es sich um eine Kapitalgesellschaft nach luxemburgischem Recht. Ihr Sitz befand sich an einer luxemburgischen – Briefkastenfirmen beherbergenden – Massendomiziladresse. Als geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied war der L eingesetzt. Der L war als Geschäftsführer für ca. 80 Briefkastenfirmen tätig. Die S war einziger Kommanditist der S-GmbH & Co. Grundbesitz KG (im Folgenden: KG). Komplementär ohne Beteiligung am Vermögen der KG war die S-GmbH (im Folgenden: GmbH), die eine Haftungsvergütung erhielt und deren Anteile wiederum die S hielt. Die KG war Eigentümerin eines Grundstücks in A-Stadt (Deutschland). Das Grundstück hatte sie 2003 von der liechtensteinischen Anstalt C-Establishment Vaduz/Liechtenstein (im Folgenden: C) erworben, an der E und seine im Jahr 2009 verstorbene Mutter beteiligt waren (und die ursprünglich die Muttergesellschaft der S war). E war mit seiner Mutter zusammen an zwei weiteren liechtensteinischen Anstalten beteiligt.

Die GmbH schied aus der KG aus. Am 15. Dezember 2009 wurde im Handelsregister die Auflösung der KG eingetragen. Das bisherige Vermögen der KG wuchs dem einzig verbliebenen Gesellschafter, der S, an. Die S wurde im Grundbuch als Eigentümerin des Grundstücks aufgrund Rechtsnachfolge am 10. März 2010 eingetragen. Am 16. März 2010 wurde die GmbH auf Betreiben des ebenfalls für sie eingesetzten Geschäftsführers L aufgelöst und später (9. September 2011) im Handelsregister gelöscht.

Im Rahmen einer Selbstanzeige vom 30. August 2010 erklärte E unter anderem Erwerbe und Einkünfte im Zusammenhang mit der C und der S nach. Beide wurden in Ermangelung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs als Basisgesellschaften im Rahmen der Selbstanzeige angesehen. Dem folgte die Steuerfahndung.

Die S wurde, nachdem auf den 30. November 2010 eine Zwischenbilanz erstellt worden war, am 14. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 laut Urkunde eines luxemburgischen Notars aufgelöst und liquidiert. Die Aktienzertifikate wurden eingezogen und in Gegenwart des Notars vernichtet. Laut einer Bescheinigung des Notars übernahm E als einziger Aktionär sämtliche Aktiva und Passiva der S. Die Löschung der S erfolgte am 9. März 2011. E wurde daraufhin vom Grundbuchamt als Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch aufgrund Rechtsnachfolge am 14. Oktober 2011 eingetragen. Ab 2011 erklärte E Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Hinblick auf das Grundstück.

Am 22. September 2011 gab die S nach Aufforderung durch den Beklagten ihre Steuererklärung für 2010 ab und legte eine Bilanz zum 31. Dezember 2010 vor. Darin wurden das Grundstück und das Gebäude insgesamt mit xxx  € erfasst. Nach ihrer Erklärung belief sich die Steuer auf 0 €. Steuerbescheide für die S wurden wegen ihrer Löschung nicht erlassen. Weil die Übertragung des Grundstücks in das Privatvermögen des E zu Buchwerten erfolgte, beauftragte der Beklagte mit Schreiben vom 29. August 2012 den Bausachverständigen des Finanzamtes mit der Erstellung einer Verkehrswertermittlung. Das Gutachten gelangte zunächst zu einem Verkehrswert von xxx €.

Nach vorausgegangenem Schriftwechsel erl...

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