vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 7/18)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des Auslandstätigkeitserlasses nach Bestandskraft des Steuerbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ob von der Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 34 c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass Gebrauch gemacht wird, ist nicht im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern durch einen eigenständigen Bescheid zu entscheiden.
  2. Die Anwendung des §§ 34 c Abs. 5 EStG kann auch noch nach Bestandskraft des Steuerbescheides bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung beantragt werden.
  3. § 34 c Abs. 5 EStG stellt eine Billigkeitsregelung dar, die gegenüber § 163 AO lex spezialis ist.
 

Normenkette

EStG § 34 c Abs. 5

 

Streitjahr(e)

2015

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.06.2020; Aktenzeichen I R 7/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Voraussetzung des Erlasses eines Grundlagenbescheides nach § 34c Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Oktober 1983 (VV DEU BMF 1983-10-31 IV B 6-S 2293-50/83 – nachfolgend ATE).

Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger wurden für das Streitjahr zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte als Fluggerätemechaniker Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Arbeitgeber des Klägers war die A. Gemäß Abordnungsvertrag vom 8.7.2009 war der Kläger im Streitjahr auf dem Flughafen in Lagos (Nigeria) eingesetzt und dort mit der Wartung und Störbehebung von Flugzeugen der Fluggesellschaft B befasst.

Für die dem Streitzeitraum vorangegangenen Veranlagungszeiträume berücksichtigte der Arbeitgeber bereits im Rahmen des Lohnsteuerabzugs die Regelungen des Auslandstätigkeitserlasses.

Im Streitjahr unterwarf der Arbeitgeber den erzielten Arbeitslohn der Lohnsteuer in Deutschland. In der von den Klägern für das Streitjahr eingereichten Einkommensteuererklärung erklärten sie den vom Kläger bezogenen Arbeitslohn als in Deutschland steuerpflichtig. In der Anlage N beantragten sie Kosten für Familienheimfahrten zwischen Lagos und der Familienwohnung in Deutschland als Werbungskosten, welche vom Finanzamt antragsgemäß berücksichtigt wurden.

Mit Bescheid vom 19.10.2011 setzte der Beklagte, das Finanzamt (FA), die Einkommensteuer auf 18.353,00 € fest. Der Bescheid stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurde bestandskräftig.

Mit beim FA am 16.01.2015 eingegangenen Schreiben des nunmehr für die Kläger tätigen Prozessbevollmächtigten beantragten die Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) dahingehend, dass der ATE zur Anwendung komme. Begründet wurde dies damit, dass die Voraussetzungen dafür wie bereits in den Vorjahren erfüllt seien, nur der Arbeitgeber ab dem Jahr 2010 den Auslandstätigkeitserlass nicht mehr im Rahmen des Lohnsteuerabzugs umgesetzt habe. Da dem Kläger nicht bewusst gewesen sei, dass es sich bei seinem Auslandsabordnungsvertrag sowie weiteren Unterlagen um steuerlich relevante Beweismittel gehandelt habe, treffe ihn kein grobes Verschulden daran, dies in der Steuererklärung nicht geltend gemacht zu haben.

Nach Ablehnung dieses Antrags durch das FA beantragten die Kläger mit Schreiben vom 27.04.2015 die Anwendung des ATE nach § 34c Abs. 5 EStG im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung gemäß § 163 AO. Mit Verfügung vom 20.05.2015 lehnte das FA den Antrag ab.

Den dagegen eingelegten Einspruch begründeten die Kläger unter anderem damit, dass das vom FA zur Begründung seiner Auffassung herangezogene BMF-Schreiben vom 10.04.1984 (BStBl I 1984, 252 zur Pauschalierung der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für ausländische Einkünfte gemäß § 34c Abs. 5 EStG und § 26 Abs. 6 KStG - sog. Pauschalierungserlass -) vom FA falsch ausgelegt worden sei. So komme es im Ergebnis gerade nicht auf die Bestandskraft des Bescheides an. Auf die Begründung im Einzelnen wird verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2016 wies das FA den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Anwendung des ATE nach § 34c Abs. 5 EStG für das Kalenderjahr 2010 als unbegründet zurück.

Ein Antrag auf Anwendung des § 34 c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE sei grundsätzlich nicht mehr zulässig, sobald die Veranlagung bereits bestandskräftig durchgeführt worden sei und auch nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehe, also sowohl die formelle als auch die materielle Bestandskraft der für den maßgeblichen Zeitraum ergangenen Steuerfestsetzung eingetreten sei § 34c Abs. 5 EStG sei eine eigenständige Rechtsgrundlage für die begehrte Billigkeitsmaßnahme, so dass die Vorschrift des § 163 AO nicht relevant sei. Nach § 34c Abs. 5 EStG könne die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer unter anderem ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig sei. Wann eine solche Zweckmäßigkeit aus volkswirtschaftlichen Gründen angenommen werden könne, ergebe sich bei Arbeitnehmere...

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