Entscheidungsstichwort (Thema)

Wert einer nicht operativ tätigen Holdinggesellschaft bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: X R 34/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Verschmelzung entspricht der Wert einer nicht operativ tätigen Holdinggesellschaft der Summe der Werte der Beteiligungsgesellschaften.
  2. Ein sich bei der Ertragswertermittlung einer reinen Holdinggesellschaft über die Summe der Werte der Beteiligungsgesellschaften hinaus ergebender negativer Wert ist nicht als negativer Geschäfts- oder Firmenwert bei der Wertermittlung der Holdinggesellschaft im Rahmen einer Verschmelzung zu berücksichtigen.
  3. Aufwendungen für die Verwaltung von Beteiligungen oder der Koordinierung der Beteiligungsgesellschaften, die zu einem negativen Ertragswert führen, sind als Kosten auf der Gesellschafterebene bei der Wertermittlung einer Holdinggesellschaft nicht berücksichtigungsfähig.
  4. Eine Holdinggesellschaft ist nicht operativ tätig, wenn sie ohne am Markt tätig zu sein nur Aufgaben für die Beteiligungsgesellschaften wahrnimmt und darüber hinaus keine eigene Wertschöpfung erbringt.
 

Normenkette

UmwStG § 11; BewG §§ 9, 11 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2011

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Übertragungswertes bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung einer inländischen Holdinggesellschaft.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der zum 31.12.2011 auf sie verschmolzenen A Holding GmbH mit Sitz im Inland. Bis zum Verschmelzungszeitpunkt war die Klägerin alleinige Anteilseignerin der A Holding GmbH. Unternehmensgegenstand der A Holding GmbH als Obergesellschaft war die Koordinierung, Kontrolle, Verwaltung und Finanzierung der operativ tätigen Gesellschaften der weltweit tätigen Agruppe. Zum Bewertungsstichtag hielt sie Anteile an einer nicht konsolidierten sowie an 26 konsolidierten in- und ausländischen Gesellschaften. An diese bei ihr gebündelten Gesellschaften hat die A Holding GmbH im Rahmen der Planung und Durchsetzung einer strategischen Ausrichtung der Unternehmensgruppe Dienstleistungen insbesondere in Form der Ausarbeitung, Überwachung und Durchführung von strategischen Vertriebs- und Marketingkonzepten, der Finanzierung der Unternehmensgruppe und der einzelnen Gesellschaften, der Unterstützung im Controlling, der Rechtsberatung und bei der IT erbracht. Darüber hinaus wurde ein monatlicher Report in den Auslandsgesellschaften aufgesetzt und auf Ebene der deutschen Holding aktiv überwacht. Die erbrachten und als umlagefähig identifizierten Dienstleistungen wurden, soweit sie nicht einer einzelnen Tochtergesellschaft direkt zugeordnet werden konnten, auf die Tochtergesellschaften im Verhältnis der jeweiligen Umsatzerlöse mit einem Kostenaufschlag von 5 % abgerechnet. Dabei handelte es sich insbesondere um die Gehälter für den Geschäftsführer und die bei der A Holding GmbH beschäftigten Mitarbeiter (vgl. Anl. K 6 Bl. 73 Gerichtsakte).

Bis zum Verschmelzungsstichtag war die A Holding GmbH Organträgerin der A Z-GmbH und der Vertriebs GmbH. Insoweit bestand eine körperschaftsteuerliche, gewerbesteuerliche und umsatzsteuerliche Organschaft. Zur Ermittlung der im Rahmen der Verschmelzung der A Holding GmbH auf ihre ausländische Muttergesellschaft aufzudeckenden stillen Reserven hat die Klägerin den Wert der A Holding GmbH nach dem Ertragswertverfahren in der Variante des Discounted-Cash-Flow-Verfahrens ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Beteiligungsgesellschaften mithilfe eines Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 27.6.2012 (Anl. K 8 Bl. 78 ff. Gerichtsakte) nach ihrem isolierten Wert bewertet und im Ergebnis zu dem Gesamtwert der Konzerngruppe addiert (sum-of-the-parts Verfahren). Insgesamt wurde ein Wert für die Unternehmensgruppe i.H.v. xxx € ermittelt. Darin enthalten ist ein ebenfalls unter Ertragswertgesichtspunkten ermittelter negativer Unternehmenswert i.H.v. xxx € für die A Holding GmbH. Dieser Wert bildet nach dem Vortrag der Klägerin die Verwaltungsfunktionen der A Holding GmbH ab und ergibt sich insbesondere aus nicht umgelegten Kosten und innerbetrieblichen Dienstleistungen insbesondere eines umfangreichen Beteiligungscontrollings und den gesetzlichen Verpflichtungen, wie die Aufstellung eines Konsolidierungs-Abschlusses. Der negative Betriebswert des im Rahmen der Verschmelzung übertragenen eigenen Geschäfts der A Holding GmbH wurde gemäß § 11 Abs. 1 UmwStG in der steuerlichen Schlussbilanz einkommensmindernd angesetzt (vergleiche Anl. K9 Bl. 179 ff. Gerichtsakte).

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung versagte das Finanzamt den Ansatz des negativen Wertes bei der verschmolzenen A Holding GmbH mit der Begründung, dass der gemeine Wert der Gesellschaft den Substanzwert nicht unterschreiten dürfe und der Ansatz eines negativen Geschäfts- bzw. Firmenwertes zumindest bei einer nicht operativ tätigen Holdinggesellschaft nicht zulässig sei. Gegen die entsprechend geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide vom 25.1.2019 wand...

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