Leitsatz

Der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO ist auch dann gehemmt, wenn die tatsächliche Prüfungshandlung dem Erlass einer Ergänzung der Betriebsprüfungsanordnung vorausgeht und die Betriebsprüfungsanordnung vor Ablauf der Festsetzungsfrist ergänzt wird.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt ordnete bei der Klägerin, einer GmbH, eine Außenprüfung für die Kalenderjahre 2016 bis 2018 an. Nach Ansicht des Prüfers deuteten die vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass für die im Jahr 2015 bereits geleisteten Anzahlungen unzulässigerweise § 13b UStG nicht angewendet worden sei.

Mit bei der Klägerin am 21.12.2020 eingegangenem Schreiben vom 15.12.2020 erweiterte der Prüfer den Prüfungszeitraum auf die Umsatzsteuer 2015. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn war der 21.12.2020 angegeben. Mit per Fax übermittelten Schreiben vom 18.12.2020, das auf die Erweiterung der Betriebsprüfung auf das Jahr 2015 Bezug nahm, bat der Prüfer um die Vorlage bestimmter Unterlagen für 2015.

Aufgrund der Feststellungen des Prüfers erließ das FA einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2015. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug vor, der Umsatzsteuerbescheid 2015 habe nicht geändert werden dürfen, da die reguläre Festsetzungsfrist am 31.12.2020 abgelaufen sei. Vor Bekanntgabe der Prüfungsanordnung durchgeführte Ermittlungshandlungen führten nicht zu einer Ablaufhemmung, da die Prüfungsanordnung für das Vorliegen einer Außenprüfung konstitutiv sei.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist durch die am 18.12.2020 begonnene Außenprüfung für das Jahr 2015 nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt worden sei. Die Anforderung von Unterlagen mit Schreiben vom 18.12.2020 stelle eine Prüfungshandlung dar. Dieses Schreiben habe auf die Erweiterung der Betriebsprüfung auf das Jahr 2015 vom 15.12.2020 Bezug genommen. Bei der Bekanntgabe der Erweiterung der Betriebsprüfung am 21.12.2020 sei für die Klägerin erkennbar, dass die Prüfung mit der Anforderung der Unterlagen am 18.12.2020 bereits begonnen habe.

Bei einer Erweiterung der Außenprüfung trete die Ablaufhemmung hinsichtlich der später einbezogenen Steueransprüche nur ein, wenn im Zeitpunkt des Erlasses der erweiterten Prüfungsanordnung die Festsetzungsfrist für diese Steueransprüche noch nicht abgelaufen und vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist mit der Prüfung tatsächlich begonnen worden sei. Beide Voraussetzungen müssten nicht in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge eintreten. Seien diese Voraussetzungen erfüllt und enthalte die Ergänzung der Prüfungsanordnung den Hinweis, dass die Prüfung bereits begonnen habe oder sei das dem Steuerpflichtigen bei Bekanntgabe der Anordnung bekannt, sei es unschädlich, wenn der Prüfer schon vor dem Erlass der ergänzenden Prüfungsanordnung mit der tatsächlichen Prüfung der neu einbezogenen Steueransprüche begonnen habe.

 

Hinweis

Mit einer Außenprüfung ist tatsächlich noch nicht begonnen, wenn der Prüfer erscheint und die Prüfungsanordnung übergibt, sondern erst dann, wenn er nach der Übergabe oder Übersendung der Prüfungsanordnung Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls vornimmt. Bloße Vorbereitungshandlungen wie die Prüfung, ob der Steuerfall in den Prüfungsplan aufgenommen werden soll, die Kontaktaufnahme mit dem Steuerpflichtigen oder dessen Vertreter zur Absprache des Prüfungsbeginns reichen nicht aus. Scheinhandlungen, die lediglich den Zweck verfolgen, die Ablaufhemmung herbeizuführen, stellen keinen Beginn der Außenprüfung dar und hemmen somit nicht den Ablauf der Festsetzungsfrist.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil v. 08.07.2022, 1 K 472/22 U

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