Leitsatz

Führt ein ambulanter Pflegedienst auch hauswirtschaftliche Versorgung durch, so ist dies nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit.

 

Sachverhalt

Führt ein Unternehmer im Inland steuerbare Umsätze aus, so können diese steuerbefreit sein. Nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sind die mit dem Betrieb einer Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze steuerfrei, wenn bei einer Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.

Im Streitfall betrieb die Klägerin einen ambulanten Pflegedienst, in dem sie neben der Grundpflege auch die hauswirtschaftliche Versorgung übernahm. Die von ihr erbrachten Leistungen umfassten grundsätzlich immer die Grundpflege wie z. B. Körperpflege oder Nahrungsaufnahme. In diesem Zusammenhang erfolgte auch die Haushaltsführung. Die Kosten der Leistungen sind von den Sozialversicherungsträgern, also der Pflegeversicherung oder der Krankenkasse, übernommen worden.

Während die Klägerin die Umsätze in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung steuerfrei erfasste, wurden diese Umsätze von der Finanzverwaltung nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung als steuerpflichtige Umsätze erfasst, da die Klägerin Leistungen an Personen erbracht habe, die nicht pflegebedürftig i. S. des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG gewesen waren, weil sie ausschließlich Hilfe im hauswirtschaftlichen Bereich benötigt hätten. Die an diese Personen erbrachten Leistungen seien deshalb nicht steuerfrei.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Umsätze - auch aus der hauswirtschaftlichen Versorgung - als steuerbefreite Umsätze angesehen. Mit dem Betrieb einer Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und hilfsbedürftiger Personen eng verbundene Umsätze sind nach der Auffassung des Gerichts auch solche, die sich aus hauswirtschaftlichen Leistungen ergeben, die für kranke oder hilfsbedürftige Personen wegen deren Krankheit oder Hilfsbedürftigkeit erbracht werden.

Der Inhalt des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG muss vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts ausgelegt werden. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (früher Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL) sowie der Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 10.9.2002, Rs. C-141/00 - ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, HI838417) sind auch Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen Personen von einem ambulanten Pflegedienst erbracht werden, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen. Damit sind die Umsätze von der Umsatzsteuer befreit, da auch die weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG im entschiedenen Fall vorlagen.

 

Hinweis

Das Urteil reiht sich in eine ganze Folge von Urteilen ein. So hat auch der BFH entschieden, dass die hauswirtschaftliche Versorgung entsprechend dem Gemeinschaftsrecht steuerbefreit ist (zuletzt BFH, Urteil v. 18.1.2005, V R 99/01, HI1379213). Für eine solche Steuerbefreiung spricht auch, dass die Vorschriften über die soziale Pflegeversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung von einem engen Zusammenhang zwischen Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung und der Pflege ausgehen.

Es wurde die Revision zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.12.2007, 1 K 197/04

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