Zusammenfassung

 
Begriff

Haftung im steuerrechtlichen Sinne bedeutet Einstehen für eine fremde (Steuer-)Schuld. Es haftet auch derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt.

Generell gilt auch für Umsatzsteuerschulden, dass insbesondere ein gesetzlicher Vertreter (§ 69 AO), ein Betriebsübernehmer (§ 75 AO) oder z. B. auch eine Organgesellschaft (§ 73 AO) als Haftende in Betracht kommen. Darüber hinaus enthält das UStG spezielle Haftungsvorschriften, insbesondere wegen schuldhaft nicht abgeführter Umsatzsteuer (§ 25d UStG). Es handelt sich dabei um eine Reaktion des Gesetzgebers auf festgestellte Umsatzsteuer-Betrügereien bzw. um eine Maßnahme zur Vermeidung größerer Umsatzsteuerausfälle. Auch wenn seitens des Gesetzgebers versucht wurde, die Haftung auf besonders gelagerte missbräuchliche Gestaltungen zu beschränken, kann eigentlich jeder Unternehmer davon betroffen werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Vorschriften der §§ 69 ff. AO regeln u. a. die Haftung des gesetzlichen Vertreters des Steuerschuldners, des Steuerhinterziehers, des Betriebsunternehmers etc. Wer haften kann, ergibt sich auch aus den einzelnen Steuergesetzen, z. B. für die Lohnsteuer (§ 42d EStG). §§ 22, 25 HGB und §§ 128, 161 Abs. 2 HGB enthalten die Haftung für den Übernehmer einer Firma und der Gesellschafter für Schulden der Gesellschaft.

Regelungen für die Haftung schuldhaft nicht abgeführter Umsatzsteuer finden sich in § 25d UStG.

Steuerschuldrecht

1 Haftung nach der ­Abgabenordnung

1.1 Haftung des gesetzlichen Vertreters

Gesetzliche Vertreter haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen erfolgten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.[1]

Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten begründet regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer. Bei der pauschalierten Lohnsteuer handelt es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer.[2]

 
Praxis-Tipp

Haftungsinanspruchnahme des Strohmann-Geschäftsführers einer GmbH

Wer die Stellung eines GmbH-Geschäftsführers übernommen hat, haftet nach § 69 AO grundsätzlich auch dann, wenn er nicht befähigt oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Überwachungsaufgaben und seiner Pflicht, die Person sorgfältig auszuwählen, der er die Erledigung steuerlicher Angelegenheiten der GmbH und damit die Erfüllung seiner eigenen Pflichten überlässt, nachzukommen.[3] Auf sein eigenes Unvermögen, seinen Aufgaben als Geschäftsführer nachzukommen, kann sich niemand berufen.

Als gesetzliche Vertreter gelten auch die

  • Geschäftsführer von Personengesellschaften und Gemeinschaften und, soweit ein Geschäftsführer nicht vorhanden ist, deren Gesellschafter oder Mitglieder.[4]
  • Vermögensverwalter[5], z. B. Insolvenzverwalter[6] und Testamentsvollstrecker.
  • Verfügungsberechtigten[7], z. B. Prokuristen[8], Treuhänder.
 
Hinweis

Haftung des Prokuristen

Der Prokurist kann als Haftender nur in Anspruch genommen werden, wenn zu seinem Pflichtkreis auch die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten des Geschäftsherrn gehört oder wenn er tatsächlich die steuerlichen Angelegenheiten erledigt.

In der Praxis am häufigsten ist die Haftung des Geschäftsführers. Dies zeigt sich vor allem auch im Insolvenzfall der Gesellschaften.[9]

Die Pflichtverletzung des gesetzlichen Vertreters muss vorsätzlich oder grob fahrlässig sein. Sie muss ursächlich dafür sein, dass

  • eine Steuer nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder
  • eine festgesetzte Steuer nicht oder nicht rechtzeitig entrichtet wird.
 
Hinweis

Zahlungen anderer Schuldner verhindern Haftungsbescheid nicht zwingend

Zahlungen anderer Gesamtschuldner auf die Steuerschuld kann die Finanzbehörde bei der Entscheidung über einen Haftungsbescheid dann außer Acht lassen, wenn der Zahlende den gegen ihn ergangenen Bescheid angefochten hat und das Rechtsschutzverfahren noch nicht beendet ist.[10]

Der Geschäftsführer einer Gesellschaft haftet auch persönlich für die Lohnsteuerschulden der Gesellschaft, wenn er diese nicht rechtzeitig anmeldet und abführt. Ggf. dürfen die Löhne nur mit der entsprechenden Kürzung ausgezahlt werden. Aus den übrig gebliebenen Mitteln muss die darauf entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt werden.[11]

 
Wichtig

GmbH-Geschäftsführer muss immer vorrangig die Lohnsteuer zahlen

Allein der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befreit den GmbH-Geschäftsführer nicht von der Haftung wegen Nichtabführung der einbehaltenen Lohnsteuer. Sind im Zeitpunkt der Lohnsteuer-Fälligkeit noch liquide Mittel zur Zahlung der Lohnsteuer vorhanden, besteht die Verpflichtung des Geschäftsführers zu deren Abführung so lange, bis i...

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