Leitsatz

Ein Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung, die nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn ein vor der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches medizinisches Gutachten vorgelegt wird, aus dem sich die Krankheit und die medizinische Notwendigkeit der Behandlung zweifelsfrei ergibt.

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um den steuermindernden Abzug von Aufwendungen für alternative Heilbehandlungen als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG), im Einzelnen um Aufwendungen für Lerntherapien aufgrund einer Lese- und Rechtschreibschwäche bei einem Kind sowie um energetische Heilbehandlungen, Energieberatungen, Feng Shui-Arbeiten sowie spirituelle Fortbildungen. Das Finanzamt versagte den Abzug der Aufwendungen mangels eines im Voraus erstellten amtsärztlichen Attests.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass bei umstrittenen wissenschaftlichen Methoden Aufwendungen grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn vor der Behandlung ein amts- oder vertrauensärztliches medizinisches Gutachten erstellt wird, aus dem sich die Krankheit und die medizinische Notwendigkeit der den Aufwendungen zugrunde liegenden Behandlung zweifelsfrei ergibt. Die Einschaltung eines Amts- oder Vertrauensarztes dient u.a. auch der Vermeidung von Gefälligkeitsgutachten. Außerdem ist eine vorherige Begutachtung grundsätzlich deshalb erforderlich, weil sich frühere Gegebenheiten im Nachhinein regelmäßig nicht oder nicht zuverlässig feststellen lassen. Im Streitfall kam daher ein Abzug der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht. Hinsichtlich der als Krankheitskosten geltend gemachten Aufwendungen zur Beseitigung der Lese- und Rechtschreibschwäche des Kindes versagte das FG den Abzug der Aufwendungen ebenfalls, da es die geltend gemachten Störungen nicht als Krankheit ansah. Eine solche liegt nur vor, wenn die Schwäche auf einer isolierten Störung der für das Lesen und Schreiben notwendigen Wahrnehmungsfunktion beruht, also eine Hirnfunktionsstörung vorliegt.

 

Hinweis

Die Entscheidung des FG liegt auf der Linie der Rechtsprechung des BFH, die bei Maßnahmen, die nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Erforderlichkeit daher schwer abzuschätzen ist, grundsätzlich ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches medizinisches Gutachten verlangt. Nur ausnahmsweise kann hierauf verzichtet werden, wenn der Steuerpflichtige die Notwendigkeit einer vorherigen Begutachtung objektiv nicht erkennen konnte oder wenn der Amtsarzt anhand erstellter und nachprüfbarer medizinischer Untersuchungen die Notwendigkeit der Behandlungen nachträglich und zuverlässig beurteilen kann.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 16.06.2010, 10 K 1655/09 E

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