Bei der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 S. 1 EStG kommt auch § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG zur Anwendung, so dass ein Abzug der tatsächlich entstandenen WK auch insoweit und ebenso wie im Abgeltungsverfahren nicht in Betracht kommt[2]. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 32d Abs. 6 S. 1 EStG, wonach "die nach § 20 EStG ermittelten Einkünfte" den Einkünften i.S.d. § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen ESt unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren ESt führt.

Verfassungsmäßigkeit: Sowohl § 32d Abs. 6 EStG als auch § 20 Abs. 9 EStG sind auch im Vergleich zu solchen Steuerpflichtigen, die kraft Gesetzes oder aufgrund eigenen Antrags nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1-4 EStG mit den dort geregelten Einkünften aus Kapitalvermögen aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen sind und nach § 32d Abs. 2 S. 2 EStG ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Abzug der tatsächlich entstandenen WK ermitteln können, verfassungsgemäß[3].

Die Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber mit den vorstehenden Ausnahmen vom Abgeltungsteuersatz "Mitnahmeeffekte" bzw. eine Überbesteuerung vermeiden will[4]. Beachten Sie: Im Gegensatz dazu hat die Günstigerprüfung weniger den Charakter einer nach der Intention des Gesetzes zwingenden sachlichen Ausnahme von der Anwendung des Abgeltungsteuersatzes, sondern ist eher als Billigkeitsmaßnahme zu verstehen, mit der Steuerpflichtige, deren Steuersatz noch niedriger liegt als 25 %, eine weitere Begünstigung erfahren.

Diese soll aber nicht dazu führen, dass die derart Begünstigten vollumfänglich aus dem System der Abgeltungsteuer ausscheiden. Schließlich ist die Ungleichbehandlung innerhalb des Systems der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen auch durch den Vereinfachungs- und Pauschalierungszweck der Regelung in § 20 Abs. 9 S. 1 EStG gerechtfertigt, der für den typischen Fall des Kleinanlegers über den Abzug des Sparer-Pauschbetrags auch im Fall der Günstigerprüfung zu einer realitätsgerechten Berücksichtigung der Aufwendungen führt[5].

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