Kommentar

Ein Grundstück wird noch nicht geliefert, wenn der Steuerpflichtige zwar das Eigentum daran überträgt, es aber aufgrund eines gleichzeitig vorbehaltenen Nießbrauchs wie bisher besitzt und den Ertrag durch Fortsetzung der bestehenden Mietverhältnisse zieht. Unter diesen Umständen sind auch die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG 1980 nicht gegeben ( Nießbrauch ; Vorsteuerberichtigung ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.11.1997, V R 66/96

Hinweise:

Mit dieser Entscheidung wird der sog. Vorbehaltsnießbrauch als steuerlich vorteilhaftes Gestaltungsmittel auch für die Umsatzsteuer bestätigt. Die Gestaltung gibt die Möglichkeit, Vermögen zu übertragen, ohne die bisherige Nutzung bzw. Einnahmeerzielung als Eigentümer des Gegenstands aufzugeben. Sie wird insbesondere bei vorweggenommener Erbfolge oder anderen Vermögensauseinandersetzungen vor allem zwischen Angehörigen in bezug auf Grundstücke in Anspruch genommen.

Ertragsteuerlich ist die Eigentumsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt als Übertragung des insoweit „reduzierten” Eigentums seit längerem von der Rechtsprechung anerkannt. Umsatzsteuerlich ergeben sich folgende Vorteile:

1. Die Grundstücksübereignung unter Vorbehalt des Nießbrauchs des bisherigen Eigentümers bewirkt keine Lieferung bzw. Entnahme des Grundstücks an den neuen (bürgerlich-rechtlichen) Eigentümer. Wie der BFH darlegt, setzt eine Lieferung i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG die Übertragung der Verfügungsmacht voraus. Dazu muß Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstands übertragen werden.

Da mit der Nießbrauchsbestellung dem Nießbraucher die Nutzungen des Gegenstands vorbehalten bleiben, geht der Ertrag des Gegenstands nicht auf den neuen Eigentümer über. Der sog. Vorbehalt bewirkt, daß mit der Übereignung das Nutzrecht nicht zunächst (für eine logische Sekunde) als Teil des Eigentums auf den neuen Eigentümer übergeht und von diesem dem jetzigen Nießbraucher eingeräumt wird.

Übereignet der bisherige Eigentümer z. B. wie im Streitfall ein vermietetes Grundstück an seine geschiedene Ehefrau und behält er sich den Nießbrauch vor, führt er weiterhin unverändert die Mietverhältnisse als Vermieter fort.

Ob die Übereignung (Vermögensübertragung) entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, ist im Ergebnis gleich .

Die entgeltliche Übertragung (Übereignung) eines Gegenstands wird umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Lieferung erfaßt, die unentgeltliche Übertragung auf einen neuen Eigentümer als Entnahmeeigenverbrauch.

Der Vorbehalt des Nießbrauchs durch den bisherigen Eigentümer läßt beide Umsatzformen noch nicht eintreten . Die Tatbestände von Lieferung bzw. der Eigenverbrauch werden erst dann verwirklicht, wenn Eigentum und Nutzungsrecht in der Hand des neuen Eigentümers zusammenfallen.

2. Der Nießbrauchsvorbehalt bewirkt bei Übertragung z. B. eines steuerpflichtig vermieteten Gebäudes ferner, daß keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs gem. § 15a Abs. 4 UStG anfällt. Vorsteuerbeträge aus der Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück, das steuerpflichtig vermietetet wird, können voll gem. § 15 Abs. 2 UStG abgezogen werden.

Würde der Eigentümer – ohne Nießbrauchsvorbehalt – das von ihm steuerpflichtig vermietete Grundstück steuerfrei (ohne Option gem. § 9 UStG ) entgeltlich weiterliefern oder (unentgeltlich) entnehmen (stets steuerfrei), so würden sich durch die Verwendung des Grundstücks zu diesem steuerfreien Umsatz die Verhältnisse ändern, die bei Herstellung der Gebäude für den Vorsteuerabzug maßgeblich waren (vgl. § 15a Abs. 1 UStG ). Da der Nießbrauchsvorbehalt des bisherigen Eigentümers die Beurteilung der Gegenstandsübertragung als Lieferung/Entnahme hindert, können auch die durch § 15a Abs. 4 UStG daran für den Vorsteuerabzug geknüpften Folgen zugunsten der Steuerpflichtigen nicht eintreten.

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