Zwei mögliche Konstellationen: Vesting-Klauseln können in zwei Konstellationen vorliegen:

  • entweder wird der Mitarbeiter klassisch als echter Gesellschafter an der GmbH beteiligt;
  • oder – dies ist der Regelfall – er erhält nur virtuelle (d.h. schuldrechtlich zugewiesene) Beteiligungsrechte (wie Gewinnbezugsrecht, Beteiligung an stillen Reserven der Gesellschaft im Falle eines Exits), ohne zugleich echter Gesellschafter zu werden.

1. Vesting: Was ist das?

Der Vesting-Zeitraum beträgt in der Regel 4–5 Jahre. Hier ist im Einzelnen zu unterscheiden:

  • Während des Vesting-Zeitraums unterliegen die an den Mitarbeiter (virtuell) übertragenen Anteile – unabhängig von einer Vinkulierung – Verfügungs- bzw. Verwertungsbeschränkungen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.
  • Nach Ablauf des Zeitraums erhalten die Anteile den Status "vested" und können vom Mitarbeiter – abgesehen von der Vinkulierungsbeschränkung – voll verwertet werden.

Anteilsbewertung bei vorzeitigem Ausscheiden: Die Bewertung der Anteile im Falle des vorzeitigen Ausscheidens ist ferner davon abhängig, ob der vor dem Ablauf des Vesting-Zeitraums ausgeschiedene Mitarbeiter

  • ein "Bad Leaver" oder
  • ein "Good Leaver" ist.

"Bad Leaver": Üblicherweise ist ein Mitarbeiter ein "Bad Leaver", wenn sein Anstellungsverhältnis aus wichtigem Grund i.S.d. § 626 BGB gekündigt worden ist oder er selber kündigt. Im Falle des Ausscheidens als "Bad Leaver" werden dessen Anteile beim Rückerwerb – ohne Rücksicht auf den Status der Anteile als "vested" oder "unvested" – in der Regel nur mit den AK – ggf. erhöht um einen Zinsfaktor – bewertet.

"Good Leaver": In der Regel sind alle vor Ablauf des Vesting-Zeitraums ausscheidenden Mitarbeiter "Good Leaver", die nicht die im Einzelnen definierten Voraussetzungen eines "Bad Leaver" erfüllen. Als "Good Leaver" erhält der vor Ablauf des Vesting-Zeitraums ausscheidende Mitarbeiter für seine erworbenen Anteile, ...

  • ... die zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitarbeiters bereits "vested" sind, in der Regel den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Marktwert.
  • ... die zum Zeitpunkt des Ausscheidens noch "unvested" sind, in der Regel nur seine AK, erhöht um einen Zinsfaktor.

Rechte der Altgesellschafter: Während des Vesting-Zeitraums bestehen üblicherweise weitere Optionsrechte der Altgesellschafter auf den Rückerwerb der Anteile (sog. "Call-Optionen"). In der Regel haben die Altgesellschafter während des Vesting-Zeitraums ein sog. "Drag-Along-Right" für den Fall, dass ein Dritter ein Angebot macht, die Anteile an der Gesellschaft zu erwerben.

2. "Echte" Beteiligung

Schenkungsteuerliche Aspekte: Sofern die Mitarbeiter tatsächlich Geschäftsanteile erhalten und i.S.d. Vestings für einen bestimmten Zeitraum der Mitgliedschaft in der Gesellschaft ein quotales (d.h. prozentuales) Anwachsen der Abfindungshöhe geregelt ist, kann für die schenkungsteuerlichen Fragen – insbesondere zu § 7 Abs. 7, Abs. 8 und Abs. 1 ErbStG – auf die Ausführungen unter II. verwiesen werden.

Einkommensteuerlich stellt die Zuwendung eines Geschäftsanteils "unter Wert" (d.h. ohne wertadäquate Gegenleistung des Mitarbeiters)

  • einen Sachbezug i.S.d. § 8 Abs. 2 EStG – und damit Arbeitslohn – und
  • (spiegelbildlich) AK auf seine erhaltenen Geschäftsanteile dar.

Sofern der Barlohn nicht ausreicht, um die Lohnsteuer (LSt) aus dem Sachbezug zu entrichten, kann die sonst grundsätzlich den Arbeitgeber treffende LSt-Pflicht gem. § 38 Abs. 4 EStG auf den Arbeitnehmer übergehen.

Im Fall des späteren Verkaufs unterliegt die Differenz zwischen Veräußerungserlös abzgl. Anschaffungs- und Veräußerungskosten dem Teileinkünfteverfahren.

3. Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung

Wird die Mitarbeiterbeteiligung nur virtuell eingeräumt, gilt Folgendes.

a) Ebene des Mitarbeiters

Eingeräumte Anwartschaft = kein Arbeitslohn: Wird bei Aufnahme eines Mitarbeiters in ein virtuelles Beteiligungsprogramm von diesem – wie üblich – kein oder jedenfalls kein wertadäquates Entgelt hierfür geschuldet, ist gleichwohl nicht von Arbeitslohn auszugehen: Die durch das virtuelle Mitarbeiterprogramm bloß eingeräumte Anwartschaft auf eine zukünftige Gewinnbeteiligung oder Beteiligung an einem Exit-Erlös stellt noch keinen Zufluss i.S.d. § 11 EStG dar.

Erlösauskehrung = Arbeitslohn: Erfolgt sodann – aufgrund des laufenden Beteiligungsprogramms – eine Gewinn- oder Exit-Erlösauskehrung an den Mitarbeiter, stellt dies einkommens- und lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Beraterhinweis Echte Gesellschafterstellung einerseits und virtuelles Mitarbeiterprogramm andererseits bergen für den Mitarbeiter damit Licht und Schatten:

  • Bei der echten Beteiligung muss ein "Unter-Wert"-Erwerb der Anteile zu Beginn des Programms der LSt unterworfen werden; dafür unterliegen die laufende Ausschüttung der Abgeltungsteuer und ein späterer Exit Erlös nur dem steuervergünstigten Teileinkünfteverfahren.
  • Beim virtuellen Beteiligungsprogramm funktioniert der Weg in die Beteiligung in der Regel ohne LSt. Dafür sind laufender Gewinn und Exit "normal", d.h., ohne Privilegierung lohnsteuer- und ggf. sozialversicherungspflichtig.

b) Virtuelle Beteiligung und vGA?

Die Auskehrung von Gewinnanteilen und Exit-Erlös an...

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