Chancen und Risiken

[Ohne Titel]

Dr. Markus Wollweber, Dipl.-Finw. (FH), RA/FASt / Dr. Daniel Sommer, RA/StB[*]

Aus vielen Gründen – sei es krisenbedingt, aus Gründen des Bilanzbildes oder der Wachstumsfinanzierung – suchen Unternehmen Wege zur Verbesserung ihrer Liquidität und Steigerung des Eigenkapitals. Laufen Sperrfristen – insbesondere nach § 22 UmwStG –, wird zuweilen aus der Sorge, stille Reserven zu heben, auf die Aufnahme neuer Gesellschafter verzichtet. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, in welchen Fällen diese Sorge unbegründet ist, wie neue Beteiligungen trotz bestehender Sperrfristen begründet werden können und unter welchen Voraussetzungen die neu ausgegebenen Anteile gleichwohl mitverstrickt werden.

[*] Beide Streck Mack Schwedhelm Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft mbB Köln – Berlin – München.

I. Sperrfristen

Nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 UmwStG ist es auf Antrag möglich, eine Sachgesamtheit wie einen Betrieb, Teilbetrieb oder einen (Teil eines) Mitunternehmeranteil/s gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte zum Buchwert oder Zwischenwert in eine Kapitalgesellschaft einzubringen.

Sperrfristbehaftete Anteile: Der Gesetzgeber hat, um (vermeintlich) ungerechtfertigte Steuerbegünstigungen stiller Reserven zu vermeiden, gleichsam als "Gegenpol" in § 22 Abs. 1 UmwStG eine siebenjährige Sperrfrist im Hinblick auf die neu ausgegebenen Gesellschaftsrechte implementiert (sperrfristbehaftete Anteile).

Das gleiche Regelungskonzept greift nach § 22 Abs. 2 UmwStG mit Blick auf die im Rahmen

gewährten Anteile.

II. Aufnahme neuer Gesellschafter

Sperrfristverhaftete Anteile: Werden Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften als Gegenleistung für die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder von Mitunternehmeranteil in eine inländische Kapitalgesellschaft gewährt und erfolgt diese Einbringung zum Buch- oder Zwischenwert, unterliegen die erhaltenen Anteile einer siebenjährigen Sperrfrist.

Rückwirkende Steuerpflicht des Einbringungsgewinns: Wird innerhalb dieser Frist

realisiert, wird rückwirkend im Jahr der Einbringung der Einbringungsgewinn pro rata temporis steuerpflichtig.

Keine Sperrfristverhaftung: Erfolgt die Aufnahme neuer Gesellschafter hingegen nicht durch den Verkauf bestehender Anteile, sondern durch die Ausgabe neuer Anteile aufgrund nomineller Kapitalerhöhung, sind diese Anteile grundsätzlich nicht sperrfristverhaftet.[1]

Keine Aufspaltung stiller Reserven: Wird für die Neuanteile ein Entgelt auf die Stammeinlage und ggf. zusätzlich als Agio in die Kapitalrücklage geleistet, das dem anteiligen Verkehrswert entspricht, spalten sich keine stillen Reserven aus den ursprünglichen Anteilen ab.[2] Beachten Sie: Die Sperrfrist der Altanteile läuft in diesem Fall unverändert weiter.

Kapitalerhöhung während siebenjähriger Sperrfrist: Die Kapitalerhöhung ist auch während der siebenjährigen Sperrfrist grundsätzlich kein schädliches Ereignis, das einen steuerpflichtigen Einbringungsgewinn entstehen lassen könnte.

[1] Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 572.
[2] BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, GmbH-StB 2012, 44 (Görden) = BStBl. I 2011, 1314 (UmwStE), Tz. 22.43.

III. Infizierung: Verlagerung stiller Reserven führt zur Mitverstrickung

Derivativ sperrfristbehaftete Anteile: Allerdings könnten die im Rahmen einer Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Anteile ihrerseits sperrfristverstickt werden. Diese Folge tritt nach § 22 Abs. 7 UmwStG[3] dann ein, wenn es in Folge einer Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG oder eines Anteilstausches nach § 21 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert zu einer Verlagerung stiller Reserven von den sperrfristbehafteten Altanteilen hin zu den Neuanteilen kommt (derivativ sperrfristbehaftete Anteile).

Eine solche Verlagerung stiller Reserven kann im Rahmen einer Barkapitalerhöhung eintreten, wenn die i.R.d. Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Anteile an der Gesellschaft zu einem unter ihrem Verkehrswert liegenden Kurs ausgegeben werden. Für die Frage, ob eine Ausgabe "unter Wert" vorliegt, wird

  • dem gemeinen Wert der neu ausgegebenen Beteiligung
  • der Gesamtbetrag von geleistetem Stammkapital und Agio

gegenübergestellt.

Soweit die Leistungen auf Stammkapital und Agio hinter dem gemeinen Wert der neu ausgegebenen Anteile zurückbleiben, gehen stille Reserven von den Altanteilen auf die neuen Anteile über. In der Folge gehören die neuen Anteile nach § 22 Abs. 7 UmwStG dann zu den steuerverstrickten Anteilen.[4]

[3] Die Regelung kodifiziert die Rechtsprechung des BFH zur Wertabspaltung: BFH v. 8.11.2016 – I R 49/15, BStBl. II 2017, 1002 = GmbH-StB 2017, 135 (Formel).
[4] Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 563 ff.

1. Nachweispflichten des § 22 Abs. 3 UmwStG

Für die mitverstrickten Anteile gelten – ebenso wie für die Altanteile – die Nachweispflichten des § 22 Abs. 3 UmwStG auf den 31. Mai eines jeden Jahres, welche nach Auffassung der Finanzverwaltung (auch) ...

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