Leitsatz

Steuergesetze können durch missbräuchliche Gestaltungen des Rechts nicht umgegangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstehen würde (§ 42 AO). In folgendem Urteilsfall ging es um eine missbräuchliche Gestaltung. Ein Steuerzahler war als selbständiger Handelsvertreter für die Firma G-GmbH tätig. Nachdem er mit seiner Ehefrau eine GmbH gegründet hatte, übertrug der Kläger der GmbH eine Untervertretung, die sich auf „die Firma G . . . und deren Erzeugnisse” erstreckte. Der GmbH wurde eine Provision von 85 % der von der vertretenen Firma gezahlten Provisionen eingeräumt. Den Briefwechsel und den persönlichen Verkehr mit der G sollte allein der bisherige Handelsvertreter (Ehemann) als Hauptvertreter führen. Die Firma G stimmte der Einschaltung der GmbH als Untervertreterin zu.

Das Finanzamt versagte der GmbH die steuerliche Anerkennung und rechnete die von der GmbH erzielten Einkünfte dem Kläger als Einzelunternehmen zu. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der GmbH blieb steuerlich unberücksichtigt. Das Finanzamt sah keine wirtschaftlich vertretbaren Gründe für die Gründung der GmbH und den Abschluss des Untervertretungsvertrages. Die GmbH sei vollständig vom Bestehen des Einzelunternehmens des Klägers abhängig, so dass dort das Unternehmerrisiko verblieben sei. Der BFH sieht in der Gründung einer GmbH und der Einräumung einer Untervertretung nicht generell einen → Gestaltungsmissbrauch . Es kommt im Einzelfall darauf an, ob für die Gestaltung außersteuerliche Gründe maßgebend sind und ob die gewählte Gestaltung nach außen durchgeführt wird, d. h. ob der Handelsvertreter bei der Untervertretung nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der GmbH auftritt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.10.1998, III R 75/97

Anmerkung

Anmerkung: Im Streitfall hielt der BFH noch weitere Sachverhaltsermittlungen für notwendig. In den Urteilsgründen finden sich aufschlussreiche Kriterien zur Frage, ob und wann mißbräuchliche Gestaltungen i. S. d. § 42 AO vorliegen.

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