1. Ein-Betriebs-Fiktion für alle Körperschaften

Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) verfügen nur über einen (einzigen) Betrieb. Für Zwecke der Zinsschranke werden damit alle Tätigkeiten dieser Kapitalgesellschaften in diesem Betrieb berücksichtigt. Dadurch ist z.B. die Freigrenze von 3 Mio. EUR Nettozinsaufwand (§ 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG) nur einmal nutzbar.

Andere steuerpflichtige Körperschaften: Beschränkt steuerpflichtige Körperschaften (§ 2 KStG) und unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG fallen, können jedoch – steuerrechtlich betrachtet – über mehrere Betriebe verfügen. Nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. 1 i.V.m. Art. 1 ATAD-Richtlinie soll der Freibetrag jedem Steuerpflichtigen aber nur einmal zustehen.[22]

Dementsprechend wurde § 8a Abs. 1 S. 4 KStG n.F. wird wie folgt neu gefasst: "Bei Steuerpflichtigen im Sinne dieses Gesetzes [gemeint: KStG] gelten alle Einkünfte als in einem Betrieb i.S.d. § 4h Abs. 1 S. 1 des Einkommensteuergesetzes erzielt." Nunmehr werden alle Körperschaften insoweit gleichgestellt.

 

Beispiel

Die ABC-B.V. (Sitz und Ort der Geschäftsleistung in den Niederlanden) unterhält in Köln einen Einzelhandelsbetrieb für Karnevalsartikel und in München eine Gaststätte und leistet für die Fremdfinanzierung der Betriebe jährlich (Netto-)Zinsenaufwendungen i.H.v. 5 Mio. EUR.

Lösung: Die ABC-B.V. ist ohne Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in Deutschland eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft (§ 2 Nr. 1 KStG). Sie unterhält zwei Betriebe bzw. Betriebsstätten (in Köln und in München), die jeweils nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG der inländischen Steuerpflicht unterliegen. Die Einkünfte aus beiden Betrieben gelten nach § 8a Abs. 1 S. 4 KStG n.F. als in einem Betrieb i.S.d. § 4h Abs. 1 S. 1 EStG erzielt. Die Freigrenze von 3 Mio. EUR (§ 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG) ist daher nur einmal nutzbar und wird in diesem Fall überschritten, da die Nettozinsenaufwendungen (5 Mio. EUR) zusammenzurechnen sind.

[22] BT-Drucks. 20/9782, 196.

2. Wegfall der Regelung zur Anteilseigner-Fremdfinanzierung (§ 8a Abs. 2 KStG a.F.)

Nach dem bisher gültigen § 8a Abs. 2 KStG a.F. war bei Körperschaften die Ausnahme von der Zinsschranke bei einem "Nichtkonzernfall" (Stand-alone-Regelung nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG) nur anzuwenden, wenn die Zinsaufwendungen

  • an einen zu mehr 25 % unmittelbar oder mittelbar beteiligten Anteilseigner,
  • an eine diesem Anteilseigner nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG)
  • oder an einen rückgriffsberechtigten Dritten (z.B. Bank wegen Bürgschaft) zu den beiden erstgenannten Personengruppen

nicht mehr als 10 % der Zinsaufwendungen der Körperschaft betragen und die Körperschaft dies nachweist.[23]

Bisherige Modifikation wurde nunmehr im Gesetz gestrichen: Da nach der Neuregelung der Stand-Alone-Klausel nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG n.F. (s.o.) deren Anwendungsbereich ohnehin für alle Betriebe eingeschränkt wurde, war die bisherige Modifikation durch § 8a Abs. 2 KStG a.F. für eine solche "schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung"[24] nicht mehr erforderlich und wurde gestrichen. Wegen der strengeren Anforderungen an die Stand-Alone-Ausnahme nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG n.F. würde die Einschränkung i.S.d. § 8a Abs. 2 KStG a.F. leerlaufen.

 

Beispiel (neue Rechtslage)

Die C-GmbH (WJ = KJ; keine Konzernzugehörigkeit) hat im WJ 2024 Zinsaufwendungen i.H.v. insgesamt 5 Mio. EUR geleistet, von denen 600.000 EUR auf die 100 %-Gesellschafterin G entfallen. Die C-GmbH hat zudem Zinserträge vom 1 Mio. EUR erzielt.

Lösung: Die C-GmbH hat Nettozinsaufwendungen i.H.v. 4 Mio. EUR (= Zinsaufwand 5 Mio. EUR ./. Zinsertrag 1 Mio. EUR) und überschreitet damit die Freigrenze (3 Mio. EUR) i.S.d. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG.

Die Alleingesellschafterin G ist zu mindestens 25 % (hier: 100 %) an der C-GmbH unmittelbar beteiligt. Obwohl die C-GmbH zu keinem Konzern gehört, greift daher nicht die Stand-Alone-Klausel i.S.d. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG n.F.

Für die C-GmbH ist daher für das WJ 2024 die Zinsschranke anzuwenden, da die Stand-Alone-Ausnahme i.S.d. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG n.F. nicht angewendet werden darf.

Beachten Sie: Obwohl die bisherige Einschränkung durch § 8a Abs. 2 KStG a.F. wegefallen ist, werden durch die geänderte Fassung des § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG n.F. die Anwendungsfälle der Zinsschranke auch für Körperschaften ausgeweitet.

[23] Entgegen der früheren Verwaltungsauffassung (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, GmbH-StB 2008, 260 [Brinkmeier] = BStBl. I 2008, 718 Rz. 82 ist insoweit überholt) ist für die 10 %-Grenze auf jeden wesentlich beteiligten Anteilseigner (oder Nahestehenden/Rückgriffsberechtigten) einzeln abzustellen (keine Gesamtbetrachtung), vgl. BFH v. 11.11.2015 – I R 57/13, BStBl. II 2017, 319 = GmbH-StB 2016, 95 (Weiss).
[24] BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, GmbH-StB 2008, 260 (Brinkmeier) = BStBl. I 2008, 718 Rz. 79.

3. Eingeschränkte Eigenkapitalquoten-Regel bei Körperschaften (§ 8a Abs. 3 KStG)

a) Bisherige Rechtslage nach § 8a Abs. 3 KStG a.F.

Die Zinsschranke ist bei konzernzugehörigen Betrieben nicht anzuwenden, wenn deren Eigenkap...

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