Leitsatz

1. Erwerbsgegenstand eines Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnisses ist die aufschiebend bedingte Forderung des Vermächtnisnehmers gem. § 2174 BGB gegen den Beschwerten (Aufgabe der Rechtsprechung vom Gestaltungsrecht als Erwerbsgegenstand).

2. Die Forderung aus Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnissen ist nicht mit dem Steuerwert des vermachten Gegenstands zu bewerten, sondern mit dem gemeinen Wert.

3. Ist gem. § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen vermacht, stehen dem Vermächtnisnehmer die dort vorgesehenen Vergünstigungen auch bei einem Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnis zu.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 1 und 3, § 13a ErbStG, § 9, § 138 BewG, § 2174 BGB

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb aufgrund eines Kaufrechtsvermächtnisses einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Er verlangte, den Erwerb mit dem land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwert zu bewerten und ihm die Steuervergünstigung des § 13a ErbStG zu gewähren.

Das FA bewertete den Übertragungsanspruch aus dem Vermächtnis dagegen mit dem gemeinen Wert und hielt § 13a ErbStG nicht für einschlägig. Das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2006, 9 K 23/05, Haufe-Index 1687693, EFG 2007, 530) billigte dem Kläger lediglich die Vergünstigungen des § 13a ErbStG zu. Beide Beteiligten legten Revision ein.

 

Entscheidung

Der BFH wies beide Revisionen als unbegründet zurück. Er gab zwar seine Rechtsprechung auf, wonach der Berechtigte aus einem Kaufrechtsvermächtnis ein Gestaltungsrecht erwerbe und schloss sich der Ansicht an, Erwerbsgegenstand sei die Forderung gem. § 2174 BGB; diese Forderung bewertete er jedoch mit dem gemeinen Wert. Allerdings gestand er dem Berechtigten aus einem Kaufrechtsvermächtnis die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG zu.

 

Hinweis

1. Soweit die Rechtsprechung vom Gestaltungsrecht als Erwerbsgegenstand eines Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnisses angegriffen wurde, war angenommen worden, der zutreffende Erwerbsgegenstand – nämlich die Forderung nach § 2174 BGB – sei mit dem Steuerwert des Gegenstands zu bewerten, auf den sie gerichtet sei. Diese Erwartung wurde enttäuscht.

2. Die Erwartung basierte auf dem für zwingend gehaltenen Schluss, werde erst einmal anerkannt, dass auch beim Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnis wie beim reinen Sachvermächtnis die Forderung nach § 2174 BGB Erwerbsgegenstand sei, sei sie ebenso wie beim reinen Sachvermächtnis ausnahmsweise nicht wie die sonstigen Sachleistungsansprüche mit dem gemeinen Wert zu bewerten, sondern mit dem Steuerwert des vermachten Gegenstands.

3. Schon dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. Bei Kaufrechtsvermächtnissen treffen nämlich unter dem Gesichtspunkt des Bewertungsmaßstabs zwei gegenläufig wirkende Besonderheiten aufeinander. Das ist einmal die Tatsache, dass dem Sachleistungsanspruch des Vermächtnisnehmers die Sachleistungsverpflichtung des Beschwerten – also i.d.R. des oder der Erben – gegenübersteht und der Beschwerte zunächst auch den vermachten Gegenstand erwirbt; zum anderen ist es der Umstand, dass der Sachleistungsanspruch beim Vermächtnisnehmer mit einer Kaufpreisschuld verbunden ist. Aus Ersterem ist die Notwendigkeit abgeleitet worden, die Ansprüche und Verpflichtungen aus reinen Sachvermächtnissen ausnahmsweise mit dem Steuerwert des vermachten Gegenstands zu bewerten. Aus den Gegebenheiten bei gegenseitigen Verträgen ist dagegen der Grundsatz entwickelt worden, Ansprüche und Verpflichtungen mit dem gemeinen Wert zu bewerten.

4. Ob einer dieser beiden Besonderheiten und ggf. welcher unter dem Aspekt einer Gleichstellung der Kaufrechtsvermächtnisse mit den reinen Sachvermächtnissen die größere Bedeutung zukommt, brauchte nicht entschieden zu werden. Der BFH hatte nämlich zwischenzeitlich angedeutet, die bei der Bewertung von Ansprüchen und Verpflichtungen aus reinen Sachvermächtnissen gemachte Ausnahme vom Maßstab des gemeinen Werts unter der Geltung der §§ 138 ff. BewG aufzugeben und in späteren Entscheidungen nur aus Gründen des Vertrauensschutzes für die Dauer der Fortgeltung des ErbStG in allen seinen Fassungen, die es bis zum Beschluss des BVerfG vom 07.11.2006, 1 BvL 10/02 (BVerfGE 117, 1) erfahren hat, an der Ausnahme festgehalten. Bei den Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnissen fehlt es aber an den Voraussetzungen eines derartigen Vertrauensschutzes, da die Ansprüche aus solchen Vermächtnissen in der Vergangenheit – bedingt durch die Annahme eines Gestaltungsrechts als Erwerbsgegenstand – nicht mit dem Steuerwert des vermachten Gegenstands bewertet worden sind.

5. Lediglich im Rahmen des § 13a ErbStG schlägt die Nähe der Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnisse zu den reinen Sachvermächtnissen durch. Insoweit ist R 55 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 ErbStR 2003 zu eng.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.09.2008, II R 7/07

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