6.1 Vorbemerkung

 

Rz. 259

Wie vorstehend beschrieben, kann die Unternehmensnachfolge große Gefahren bergen. Durch Optimierung der zivil-, handels- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen kann jedoch eine Konstellation erreicht werden, die den Beteiligten die Wahrung ihrer (finanziellen) Interessen sichert und den Bestand des Unternehmens, insbesondere durch steuerliche Belastungen, nicht gefährdet.

6.2 Ertragsteuern

6.2.1 Einkommensteuer

6.2.1.1 Ausgangssituation

 

Rz. 260

Nicht die ErbSt, sondern die ESt kann bei der Unternehmensnachfolge meist eine erhebliche Liquiditätsbelastung auslösen. Die Erbst belastet punktuell die Liquidität, die Ertragsteuern können die Liquidität jedoch über einen längeren Zeitraum einschränken.

 
Praxis-Beispiel

V betreibt ein Unternehmen. Sein Privatgrundstück hat er vor Jahren als gewillkürtes Betriebsvermögen aktiviert, um ein besseres Kreditrating zu bekommen. Bevor er das Unternehmen an seinen ehemaligen Geschäftsführer verkauft, will er das Grundstück unentgeltlich auf seine Tochter T übertragen.

Da das Grundstück aufgrund der Schenkung an T aus dem Betriebsvermögen ausscheidet, liegt eine Entnahme und damit ein bei V einkommensteuerpflichtiger Vorgang vor.

 

Rz. 261

Im vorstehenden Sachverhalt bleibt als gestaltende Maßnahme, das Grundstück zwar auf T zu übertragen, V jedoch den Nießbrauch vorzubehalten. Insoweit hat jedoch ertragsteuerlich eine Aufdeckung der stillen Reserven zu erfolgen. Wird T dagegen lediglich das Nießbrauchsrecht zugewendet, liegt grundsätzlich keine Entnahme vor[1].

[1] Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rz. 653.

6.2.1.2 Betriebsvermögen

 

Rz. 262

Im Folgenden werden Möglichkeiten zur steuerneutralen Übertragung von Betriebsvermögen dargestellt. Hierbei sind die verschiedenen Arten von Betriebsvermögen zu beachten. Bei Personengesellschaften stehen einzelne Wirtschaftsgüter häufig im Eigentum eines Gesellschafters. Sind diese objektiv erkennbar geeignet und bestimmt, dem Betrieb (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Miteigentümers (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen, handelt es sich um Sonderbetriebsvermögen.

 

Rz. 263

Notwendiges Betriebsvermögen sind alle Wirtschaftsgüter, die den eigenbetrieblichen Zwecken des Stpfl. zu mehr als 50 % dienen. Diese werden dem Betrieb stets unmittelbar zugerechnet.

 

Rz. 264

Gewillkürtes Betriebsvermögen sind Wirtschaftsgüter, die zu weniger als 50 %, aber zu mehr als 10 % für den Betrieb genutzt werden und geeignet sind, den Betrieb zu fördern. Die Widmung als gewillkürtes Betriebsvermögen erfolgt z. B. durch die Aktivierung in der Bilanz.

6.2.1.3 Stille Reserven

 

Rz. 265

Stille Reserven resultieren aus der Differenz zwischen dem Buchwert von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens und dem Verkehrswert. Sie entstehen z. B. durch Abschreibungen und Wertsteigerungen von Aktiva oder durch Unterbewertung von Passiva.

 

Rz. 266

Die Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven ist ein wesentlicher Bestandteil der Nachfolgeplanung, da diese bei Aufdeckung zu versteuern wären. Folgender Sachverhalt zeigt eine mögliche Konstellation.

 
Praxis-Beispiel

V ist Komplementär einer KG und hat sein privates Grundstück an die KG vermietet. Im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge überträgt er das Grundstück an seine Tochter T. Sein Unternehmen will er später verkaufen.

Das Grundstück stellt notwendiges Sonderbetriebsvermögen des V dar. Die Übertragung an T würde eine Entnahme unter Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven bedeuten. Die Aufnahme von T als Gesellschafterin in der KG ermöglicht die steuerneutrale Übertragung des Grundstücks auf T, da das Grundstück bei weiterer Überlassung an die KG notwendiges Sonderbetriebsvermögen von T darstellt. Stille Reserven sind gem. § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 EStG nicht aufzudecken.

6.2.1.4 Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen

 

Rz. 267

Das Beispiel in Rz. 266 zeigt, dass einzelne Wirtschaftsgüter bei Personengesellschaften steuerneutral übertragen werden können. Dadurch wird die Besteuerung von stillen Reserven zwar nicht endgültig vermieden, jedoch kann diese zumindest in die Zukunft verschoben werden.

 
Praxis-Beispiel

U ist zu 50 % an einer OHG beteiligt. Er hält ein Grundstück im Sonderbetriebsvermögen, das an die Gesellschaft vermietet ist. Im Rahmen der Unternehmensnachfolge schenkt er seinen gesamten Mitunternehmeranteil seinem Sohn S. Zur Absicherung für sich und seine Familie lässt er sich das Grundstück zuvor zurückgewähren.

U gibt im Zeitpunkt der Übertragung des Mitunternehmeranteils seine Stellung als Mitunternehmer auf. Das Grundstück verliert seine Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen. Eine Widmung als gewillkürtes Betriebsvermögen ist nicht möglich, da U nicht mehr Mitunternehmer ist. Infolgedessen muss das Grundstück zum Teilwert gewinnerhöhend entnommen werden.

 

Rz. 268

Die Versteuerung der stillen Reserven kann vermieden werden, wenn U einen Zwerganteil an der OHG behält[1]. Alternativ könnte eine formwechselnde Umwandlung in eine KG ratsam sein. Die verbleibenden Gesellschafter und S können jeweils als Komplementäre auftreten. U hingegen bleibt mit einem geringen Haftkapital Kommanditist ohne Stimmrechte. Die Überlassung des Grundstücks an d...

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