Rz. 162

Der BFH hat sich in seiner Entscheidung v. 1.3.1994[1] eingehend mit der Frage befaßt, ob neben dem Nießbraucher auch der Nießbrauchsbesteller weiterhin Mitunternehmer bleibt. Der BFH hat den Nießbrauchsbesteller aufgrund der ihm verbliebenen Kernrechte weiterhin als Mitunternehmer der Personengesellschaft angesehen. Der Nießbrauchsbesteller trage auch nach der Bestellung des Nießbrauchs weiterhin ein Unternehmerrisiko und könne auch weiterhin Mitunternehmerinitiative ausüben.

Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtlich oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens. Das den Nießbrauch kennzeichnende Fruchtziehungsrecht beschränkt sich auf den gesellschaftsrechtlich entnahmefähigen Betrag; darüber hinausgehende Ansprüche auf Zahlung von Gewinn stehen dem Nießbraucher nicht zu. Die Realisierung stiller Reserven z. B. stellt eine Anteilsminderung dar und gebührt deshalb dem Anteilsinhaber (Nießbrauchsbesteller).

Mitunternehmerinitiative kann ebenfalls weiterhin vom Nießbrauchsbesteller ausgeübt werden. Hierfür genügt die Möglichkeit zur Ausübung von Rechten, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten nach den Vorschriften des HGB wenigstens angenähert sind. Diese Auffassung stützt der BFH zu Recht insbesondere auf § 1071 BGB, der dem Nießbraucher ein Zustimmungsrecht zu Maßnahmen des Gesellschafters, die sein Recht beeinträchtigen, gewährt. Dies gilt insbesondere für Änderungen des Gesellschaftsvertrages und für sonstige Grundlagen- und außergewöhnliche Geschäfte, sofern sie sich nachteilig auf den Nießbrauch auswirken. Insoweit wird ein Mitwirkungsrecht des Gesellschafters berührt, das er auch als Kommanditist hätte. Dieses Recht bleibt erhalten; der Nießbraucher erwirbt — soweit das Zustimmungsrecht nicht ohnehin auf das Innenverhältnis zum Gesellschafter beschränkt ist — allenfalls ein zusätzliches Mitwirkungsrecht hinzu. Damit entfällt mit der Einräumung des Nießbrauchs die Möglichkeit zur Ausübung der Mitunternehmerinitiative für den Gesellschafter nicht.

Hinzu kommt, daß der Nießbrauch dem Nießbrauchsbesteller auch einen Kernbereich seiner Mitwirkungsrechte als Gesellschafter beläßt, wie etwa das Verbot der Änderung der Gewinnbeteiligung und das Verbot einer Beschneidung des Auseinandersetzungsguthabens zur ausschließlich eigenen Ausübung (vgl. Ulmer, NJW 1990, 80). Ihm verbleibt deshalb auch die Möglichkeit zur — den Nießbraucher ausschließenden — Mitwirkung bei Beschlüssen, die diesen Bereich betreffen, und zur Ausübung der hierzu erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Kontroll- und Informationsrechte[2].

[1] VIII R 35/92, BStBl II 1995, 271.
[2] Vgl. Karsten/Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Auflage, 1531.

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