Rz. 12

§ 9b Abs. 1 EStG verweist hinsichtlich des Vorsteuerbetrags auf § 15 UStG. Daraus folgt, dass für die Frage, ob die Vorsteuer von der USt abgezogen werden kann, ausschließlich das USt-Recht gilt.[1] Dabei ist zu beachten, dass das USt-Recht einer erheblichen Dynamik ausgesetzt ist, die von gesetzgeberischen Maßnahmen, aber zunehmend auch von zahlreichen Entscheidungen des BFH, des BVerfG und insbesondere des EuGH geprägt ist. Dabei ist es der EuGH, der insbesondere Einfluss auf das deutsche USt-Recht nimmt, indem er das Unionsrecht in zahlreichen Entscheidungen auslegt. Das Mehrwertsteuersystem sieht weiterhin als Kern grundsätzlich den Vorsteuerabzug vor, der die auf der Stufe des Vorumsatzes eingetretene USt-Belastung wieder beseitigt. Regelmäßig sollen nur die Umsätze an den (nichtunternehmerischen) Endverbraucher definitiv mit USt belastet werden. Vorsteuern aus Lieferungen und sonstigen Leistungen eines Unternehmers an einen anderen Unternehmer hingegen können vom Leistungsempfänger regelmäßig abgezogen werden. Entscheidend ist dabei die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Vorsteuerabzug auch schon vor Ausführung der Umsätze zulässig, z. B. für Anzahlungen, Abschlags- und Vorauszahlungen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 UStG; Abschn. 15.3 UStAE). Abzugsfähig ist ebenfalls die Einfuhr-USt, die ein Unternehmer zahlt, wenn Gegenstände für sein Unternehmen ins Erhebungsgebiet der USt (§ 1 Abs. 2 S. 1 UStG) eingeführt worden sind oder diese zur Ausführung der in § 1 Abs. 3 UStG aufgeführten steuerbaren Umsätze in den Zollfreigebieten verwendet werden (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG). Schließlich ist auch die Vorsteuer infolge eines innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen abziehbar (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG). Hier ist ggf. ein teilweise oder vollständig bestehender Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 1a bis 4a UStG zu berücksichtigen.

 

Rz. 13

Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG steht nur Unternehmern (Abschn. 15.1 UStAE) i. S. d. §§ 2, 2a UStG im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit zu. Die erste materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist somit die Unternehmereigenschaft dessen, der den Vorsteuerabzug geltend machen möchte. Wer Unternehmer ist, bestimmt die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 UStG. Häufig wird allein wegen des Vorsteuerabzugs um die Unternehmereigenschaft gestritten, insbesondere bei der Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand (Abschn. 15.19 UStAE).[2] Für eine Unternehmereigenschaft müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss eine selbstständige Tätigkeit ausgeführt werden.
  • Die Tätigkeit muss nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht (nicht Gewinnerzielungsabsicht) ausgeführt werden. Dies bedeutet, dass eine auf bestimmte Dauer ausgerichtete Tätigkeit auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils gerichtet sein muss.

Nach § 2 Abs. 1 S. 1 UStG kann nur eine selbstständige Tätigkeit zur Unternehmereigenschaft führen. Die Frage, wann eine Tätigkeit selbstständig ausgeübt wird, wird dabei im Umsatzsteuerrecht nicht positiv, sondern über § 2 Abs. 2 UStG negativ abgegrenzt. Die Tätigkeit wird danach in den folgenden Fällen nicht selbstständig ausgeführt:

  • Eine natürliche Person ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG in ein Unternehmen so eingegliedert, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Dabei kann es sich bei der eingegliederten Person um eine Einzelperson oder einen Personenzusammenschluss handeln. Maßgeblich ist dabei immer das Gesamtbild der Verhältnisse.
  • Eine juristische Person ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert. In diesem Fall liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vor.

Für die Frage, ob eine natürliche Person im Einzelfall selbstständig oder nicht selbstständig tätig wird, kommt es immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse, d. h. auf den Einzelfall an. Dies richtet sich grundsätzlich nach dem Innenverhältnis zum Auftraggeber (Abschn. 2.2 UStAE). Dabei müssen alle Umstände, die für und gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechen, gegeneinander abgewogen werden.[3]  Die Beurteilung der Selbstständigkeit bei natürlichen Personen erfolgt im USt-Recht nach denselben Grundsätzen, wie bei der ESt und der GewSt (Abschn. 2.2 UStAE). Aus der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung ergibt sich aber keine Bindungswirkung für die USt. Gleiches gilt für arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen. Sie haben allenfalls nur indizielle Bedeutung[4]. Die Tätigkeit selbst muss eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit sein, die auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Insgesamt kommt es bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit einer Tätigkeit auf das Gesamtbild der Verhältnisse an. Aus der Rspr. hat sich eine Vielzahl von Kriterien herausgebildet, anhand derer durch Abwägen der für und gegen die Nachhaltigkeit...

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