7.8.1 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 91

Die europäische Kommission hatte am 17.8.1998 (Abl EG Nr. C 334, 6 v. 31.10.1998) entschieden, dass § 7g Abs. 7 EStG a. F. mit Art. 92 EGV a. F.[1] nur insoweit vereinbar sei, wie nicht sog "sensible Sektoren" gefördert werden. Das BMF[2] hat daraufhin Anträge auf Bildung der Existenzgründerrücklage nur soweit bearbeiten lassen, als sie nicht sensible Sektoren betrafen. Die sensiblen Sektoren wurden vom BMF im Einzelnen aufgeführt. Der Gesetzgeber fügte darauf klarstellend durch das StBerG v. 22.12.1999[3] Abs. 8 in § 7g EStG a. F. ein und benannte die Sektoren. Durch das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz[4] v. 9.12.2004[5] wurden Abs. 8 S. 2 Nr. 1, 2 und 7 an die geänderten multisektoralen Regionalbeihilferahmen für die Sektoren Stahlindustrie (Nr. 1), Schiffbau (Nr. 2) und – auf Vorschlag des Finanzausschusses v. 27.10.2004[6] – die Leitlinie der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (Nr. 7) angepasst. Diese geänderten Neuregelungen für die Stahlindustrie, den Schiffbau und den Verkehrssektor galten erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2003 enden[7]. Die Änderung hat nur klarstellende Bedeutung, da das EU-Recht ohnehin verbindlich gilt und eine europarechtswidrige Beihilfe in jedem Fall zurückzufordern ist. Auch ohne die Änderungen in § 7g Abs. 8 EStG a. F. hätten die geänderten EU-Bestimmungen also beachtet werden müssen.

Die europarechtlichen Regelungen zu sensiblen Zonen gelten nicht nur für § 7g Abs. 8 EStG a. F., sondern auch für § 2 InvZulG.

[1] Nunmehr Art. 87 EGV.
[3] BGBl I 1999, 2601.
[4] EURUmsG.
[5] BGBl I 2004, 331, BStBl I 2004, 1158.
[6] BT-Drs. 15/4050.

7.8.2 Ausschluss der Förderfähigkeit

 

Rz. 92

Abs. 7 ist nur anzuwenden, soweit in sensiblen Sektoren die Förderfähigkeit nicht ausgeschlossen ist. Die sensiblen Sektoren wurden durch EU-Rechtsakte festgelegt. Der multisektorale Regionalbeihilferahmen für große Investitionsvorhaben v. 13.2.2002 (Abl EG Nr. C 70, 8) wurde durch Mitteilung v. 1.11.2003 (Abl EU Nr. C 263, 3) für die Sektoren Kraftfahrzeug- und Kunstfaserindustrie geändert. Dies wurde durch das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz entsprechend für große Investitionsvorhaben in den Sektoren Stahlindustrie, Schiffbau und Seeverkehr ergänzt (Rz. 91). Die Rahmenbestimmungen für Beihilfen an den Schiffbau v. 31.12.2003 (Abl EU Nr. C 104, 71), die durch Berichtigung v. 30.4.2004 (Abl EU Nr. C 104, 71) ergänzt wurden, treten an die Stelle der Verordnung EG Nr. 1540/98 des Rates v. 29.6.1998 zur Neuregelung der Beihilfen für den Schiffbau. Dementsprechend wurde Abs. 8 S. 2 Nr. 2 durch das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz angepasst (Rz. 91). Schließlich tritt die Mitteilung der Kommission "Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr" v. 17.1.2004 (Abl EU Nr. C 13, 3) an die Stelle der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr v. 5.7.1997 (Abl EG Nr. C 205, 5), so dass auch Abs. 8 Nr. 7 entsprechend anzupassen war (Rz. 91).

Abs. 8 soll den EU-rechtlichen Anwendungsvorbehalt[1] verdeutlichen. Im Gesetzgebungsverfahren zur Ursprungsfassung von Abs. 8 ist der erste Entwurf – strikter Ausschluss des Abs. 7 in den genannten Wirtschaftszweigen – auf Anregung des Bundesrats[2] abgeändert worden[3], indem "in jedem Einzelfall zu prüfen (ist), ob sich aus den genannten (EU-)Rechtsakten für die jeweilige Investition ein vollständiger oder teilweiser Förderausschluss ergibt"[4]. Somit ist in jedem Einzelfall der "Umfang der Förderfähigkeit" (Abs. 8 S. 3) nach den EU-Vorgaben zu ermitteln (so auch Meyer, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 6, 11; Lambrecht, in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 7). Da § 7g Abs. 7, 8 EStG a. F. lediglich zu einer Steuerstundung führt, dürfte im Einzelfall auch in sensiblen Bereichen nicht ohne Weiteres ein Ausschluss der Förderfähigkeit anzunehmen sein (Rz. 6).

Die OFD Hannover[5] vertritt demgegenüber die Ansicht, dass für alle Investitionen, die innerhalb eines sensiblen Sektors getätigt werden, der Förderausschluss gegeben ist (so wohl auch Kulosa, in Schmidt, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 58). Es sei dabei unerheblich, ob für die gleiche Maßnahme auch außersteuerliche EU-Beihilfen gewährt worden sind.

Die Förderfähigkeit einer geplanten Investition durch einen Existenzgründer ist also nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit des Stpfl. einen sensiblen Sektor betrifft. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob sich aus den einschlägigen EG-Vorschriften für die jeweilige Investition ein vollständiger oder teilweiser Steuerausschluss tatsächlich ergibt; nur dann greift das Verbot der  Ansparrücklage. Für die Beratungspraxis empfiehlt es sich also, soweit es die Zeit erlaubt (u. U. langwieriges Verfahren) und aus Kostensicht angesichts der seit dem 1.1.2007 bestehenden Gebührenpflicht der verbindlichen Auskunft lohnenswert ist, evtl. schon vor der Investition als Existenzgründer beim zuständigen FA eine verbind...

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