Rz. 85

Weicht hinsichtlich des Wirtschaftsguts das wirtschaftliche Eigentum vom zivilrechtlichen Eigentum ab, steht die Berechtigung zur Vornahme der AfA dem wirtschaftlichen Eigentümer nur dann zu, wenn er die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Wirtschaftsguts getragen hat und es selbst zur Erzielung von Einkünften nutzt. Wirtschaftliches Eigentum verlangt nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, dass ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut in der Weise ausschließen kann, dass der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat. Bei einander nahestehenden Personen ist weitere Voraussetzung, dass dem wirtschaftlichen Eigentum eindeutige und im Voraus getroffene Abmachungen zugrunde liegen. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum an einem nach Zivilrecht einheitlichen Gegenstand – z. B. einem bebauten Grundstück – ist möglich. Auch kann wirtschaftliches Eigentum am Grund und Boden und an dem darauf errichteten Gebäude auseinanderfallen.[1]

 

Rz. 86

Wirtschaftlicher Eigentümer ist z. B. der Stpfl., der ein unter Eigentumsvorbehalt des Verkäufers erworbenes Wirtschaftsgut in seinem Betrieb einsetzt[2] oder der ein Wirtschaftsgut seines Betriebs zur Sicherung an einen Gläubiger übereignet.[3] Gleiches gilt auch für den Erwerber eines Gebäudes vor Eintragung des Eigentums im Grundbuch, sofern Besitz, Nutzungen und Lasten bereits auf ihn übergegangen sind.[4] Im letzteren Fall muss aber neben der mit dem Besitzerwerb verbundenen tatsächlichen Sachherrschaft auch eine auf die Eigentumsübertragung gerichtete Bindung der Parteien vorliegen. Als wirtschaftlicher Eigentümer ist grundsätzlich auch der Treuhänder anzusehen. Einkünfte sind nur dann dem Treugeber zuzurechnen, wenn aufgrund der tatsächlichen Durchführung ein Handeln des Treuhänders im Interesse des Treugebers eindeutig erkennbar ist.[5] Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Treugeber auch zur Vornahme der AfA befugt.[6] Der Erbauer eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist ebenfalls wirtschaftlicher Eigentümer, wenn der Herausgabeanspruch des bürgerlich-rechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung hat.[7] Wirtschaftliche Eigentümer können ausnahmsweise auch der Mietkäufer oder der Leasingnehmer sein.[8] Des Weiteren ist wirtschaftliches Eigentum auch dann gegeben, wenn ein Ehegatte auf dem im hälftigen Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstück auf eigene Rechnung und Gefahr mit Einverständnis des anderen Ehegatten für betriebliche Zwecke ein Gebäude errichtet und ihm bei Beendigung der Nutzung dem anderen Ehegatten gegenüber ein Entschädigungsanspruch nach §§ 951, 812 BGB zusteht.[9] Unter den genannten Voraussetzungen kann auch ein Mieter wirtschaftlicher Eigentümer sein.[10] Im Fall eines formnichtigen Vertrags geht das wirtschaftliche Eigentum erst zu dem Zeitpunkt über, zu dem der Erwerber den Vertrag erfüllt hat und den Eigentumserwerb erwartet.[11] Der Nießbraucher ist regelmäßig nicht als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Dies gilt auch bei einem auf Lebenszeit bestellten Nießbrauchsrecht.[12] Ebenfalls kein wirtschaftliches Eigentum erwerben der Testamentsvollstrecker, der Insolvenzverwalter oder die Eltern hinsichtlich der Vermögenssorge für ihre Kinder nach §§ 1626ff., 1638ff. BGB.

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