10.1 Bildung der Rücklage

 

Rz. 125

Statt der sofortigen Übertragung der durch die Veräußerung eines der in § 6b Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter aufgedeckten stillen Reserven kann der Stpfl. auch eine gewinnmindernde Rücklage bilden. Hierdurch wird die sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinns vermieden. Der Stpfl. hat ein Wahlrecht zwischen sofortiger Übertragung und Bildung einer Rücklage. Das Wahlrecht ist in der Steuerbilanz des "veräußernden" Betriebs auszuüben[1]; ein Ansatz in der Handelsbilanz ist nach Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit durch das BilMoG nicht mehr zulässig. Bei Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen kann das Wahlrecht nur vom Mitunternehmer persönlich ausgeübt werden.[2] Soweit der Gesellschafter einer Personengesellschaft einen Mitunternehmeranteil veräußern und die hierbei aufgedeckten stillen Reserven auf seinen Mitunternehmeranteil einer anderen Personengesellschaft übertragen darf, kann das Wahlrecht auch in einer Ergänzungsbilanz des Gesellschafters ausgeübt werden.[3] Nach Art. 67 Abs. 3 EGHGB dürfen Sonderposten mit Rücklageanteil, die nach bisherigem Recht gebildet wurden, fortgeführt oder aufgelöst werden.[4]

 

Rz. 126

Legt der Stpfl. für das Jahr der Veräußerung keine Steuerbilanz vor, kommt die Bildung einer Rücklage auch dann nicht in Betracht, wenn in den Konten der Buchführung oder anderen Unterlagen für die Bilanzaufstellung eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG ausgewiesen ist. Dieser Ausweis ist lediglich eine die Ausübung des Wahlrechts vorbereitende Maßnahme und kann den Ausweis in der Bilanz als maßgebliche Ausübung des Wahlrechts nicht ersetzen.[5] Die Bildung der Rücklage ist aber nicht davon abhängig, dass sie in der Bilanz von vornherein enthalten war. Es ist vielmehr möglich, eine solche Rücklage nachträglich bis zur Bestandskraft des entsprechenden Feststellungsbescheids zu bilden.[6] Ist zu diesem Zweck nach Einreichung der Steuerbilanz der Gesellschaft erstmalig eine Sonderbilanz aufzustellen, so handelt es sich um eine Bilanzänderung i. S. d. § 4 Abs. 2 EStG, die nur eingeschränkt zulässig ist (Rz. 127). Obwohl der Gewerbeertrag verfahrensrechtlich unabhängig von der ESt-Veranlagung zu ermitteln ist, entfaltet der Ansatz in der Steuerbilanz auch für die GewSt Bindungswirkung, denn bei zutreffender Bilanzierung bei der ESt muss auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags diesem Ansatz gefolgt werden.[7]

 

Rz. 127

Die Rücklage ist in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres zu bilden, in dem das zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentum an dem veräußerten Anlagegut auf den Erwerber übergeht.[8] Können rücklagefähige Sachverhalte, die bilanzberichtigungspflichtig sind, nicht bis zum Ursprungsjahr berichtigt werden, kann die Rücklage in dem Wirtschaftsjahr gebildet werden, in dem die Berichtigung erstmals möglich ist. Soweit § 6b EStG jedoch zeitraumbezogene Voraussetzungen enthält (Vorbesitzzeit, Reinvestitionszeitraum), ist für deren Vorliegen auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung bzw. Anschaffung abzustellen.[9] Nach Vorlage der Bilanz ist eine Änderung des einmal ausgeübten Wahlrechts nach der Neufassung des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG durch das StBereinG 1999[10] nunmehr zwar ohne Zustimmung des FA, dafür aber betragsmäßig begrenzt nur i. H. v. Gewinnänderungen im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG möglich.

 

Rz. 128

Eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG ist etwa denkbar, wenn sich der Veräußerungserlös des hingegebenen Wirtschaftsguts nachträglich ändert oder der Kaufvertrag z. B. wegen Vertragsrücktritts rückabgewickelt werden muss. Wird der Veräußerungspreis uneinbringlich, hängt dies mit der Veräußerung selbst nicht zusammen und kann nicht zu einer Korrektur der Höhe der stillen Reserven führen. Ändern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionsguts, kann ebenfalls eine Bilanzberichtigung notwendig werden.

 

Rz. 129

Die Bildung der § 6b-Rücklage hängt nicht davon ab, ob der Stpfl. eine Reinvestitionsabsicht hat.[11] Als Ausgleich dient die Verzinsungsregelung des § 6b Abs. 7 EStG, wonach der Zinsvorteil rückgängig gemacht wird, wenn innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen keine Reinvestition erfolgt und die Rücklage aufgelöst werden muss. Es ist auch unerheblich, ob der ursprüngliche Veräußerungserlös noch ganz oder teilweise zu Reinvestitionszwecken zur Verfügung steht. Die Rücklage kann deshalb auch dann noch gebildet werden, wenn die aus der Veräußerung geflossenen Mittel ganz oder teilweise verbraucht sind. Es kommt nur darauf an, ob zum Bilanzstichtag die spätere Übertragung der Rücklage auf eine begünstigte Reinvestition objektiv möglich war. Die Bildung einer Rücklage gem. § 4 Abs. 2 AIG i. V. m. § 6b Abs. 3 EStG ist auch noch nach Ablauf der Reinvestitionsfrist möglich.[12]

 

Rz. 130

Entsprechend setzt auch im Fall der Betriebsveräußerung die Bildung einer Reinvestitionsrücklage nicht voraus, dass der Stpfl. die Absicht erkennen lässt, mit den bei der Veräußerung erlösten Vermögenswerten ei...

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