Rz. 8

Volljährige Kinder haben auf Verlangen der Familienkasse an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken.[1] Ein Auskunfts- und Eidesverweigerungsrecht nach § 101 AO, auf das sich Angehörige i. S. d. § 15 AO berufen können, steht ihnen nicht zu (§ 68 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 EStG). Das als Zahl- oder Zählkind zu berücksichtigende Kind wird insoweit als Verfahrensbeteiligter behandelt. Dies ist sachgerecht, da dem Berechtigten selbst häufig die besonderen Voraussetzungen, unter denen Volljährige zu berücksichtigen sind (§ 63 Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 32 Abs. 4, 5 EStG), nicht genau bekannt sind (Studienbescheinigungen, Art und Dauer der Ausbildung, Bescheinigung über geleisteten Pflichtdienst usw.). Nach dem Zweck der Vorschrift beschränkt sich die Mitwirkungspflicht auf Fragen im Zusammenhang mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 oder 5 EStG.[2]

Höchstrichterlich ungeklärt ist, ob dem Ausschluss des Auskunftsverweigerungsrechts im Verwaltungsverfahren auch der Ausschluss des Zeugnisverweigerungsrechts des Kindes nach § 84 FGO entspricht. Nach Auffassung des FG Münster betrifft die besondere Mitwirkungspflicht des Kindes nach § 68 Abs. 1 S. 2 EStG nur das Verwaltungsverfahren und führt nicht zum Ausschluss des Zeugnisverweigerungsrechts im finanzgerichtlichen Verfahren, da § 84 FGO uneingeschränkt auf § 101 AO verweist.[3] Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Auch im finanzgerichtlichen Verfahren steht dem volljährigen Kind kein Zeugnis- und Eidesverweigerungsrecht zu. Denn das Zeugnisverweigerungsrecht richtet sich nach § 101 AO, und diese Regelung kommt nach § 68 Abs. 1 S. 2 EStG nicht zur Anwendung.[4] Eine Verpflichtung des Kindes, leistungserhebliche Änderungen in seinen Verhältnissen von sich aus mitzuteilen, besteht nicht; die Auskunftspflicht besteht nur auf Verlangen der Familienkasse.[5] Die unmittelbare Inanspruchnahme der Kinder kommt aber nur in Betracht, wenn ein Nachweis anderweitig nur schwer zu erbringen ist und eigene Bemühungen des Antragstellers bzw. Kindergeldempfängers nicht zum Ziel geführt haben oder keinen Erfolg versprechen (§ 93 Abs. 1 S. 3 AO).[6] Kommen die Kinder ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, kann diese durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld durchgesetzt werden (§ 328 AO).[7]

[2] Wendl, in H/H/R, EStG/KStG, § 68 EStG Rz. 7.
[3] FG Münster v. 16.3.2007, 9 K 4803/05 Kg, EFG 2007, 1180; dieser Auffassung folgen Selder, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 68 EStG Rz. B 23; Helmke, in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, § 68 EStG Rz. 19.
[4] So auch Wendl, in H/H/R, EStG/KStG, § 68 EStG Rz. 7; Pust, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 68 EStG Rz. 18.
[5] V 7.2 Abs. 1 S. 3 DA-KG 2016; Pust, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 68 EStG Rz. 17.
[6] V 7.2 Abs. 2 S. 1 DA-KG 2016.
[7] V 7.2 Abs. 3 DA-KG 2016.

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