2.1 Besondere Mitteilungspflicht (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 3

Antragsteller und Kindergeldberechtigte haben Änderungen in den für den Kindergeldanspruch erheblichen Verhältnissen und über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, der zuständigen Familienkasse unverzüglich mitzuteilen. Die Regelung wurde eingefügt, da die AO-Vorschriften insoweit nicht greifen. § 153 Abs. 1 AO ist nicht einschlägig, da er sich nur auf die Fälle bezieht, in denen die bereits ursprünglich gegebene Unrichtigkeit der Erklärung nachträglich erkannt wird, nicht aber den Fall der nachträglichen Verhältnisänderung mit steuerlicher Wirkung. Auch § 153 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar, da er eine Anzeigepflicht nur in den Fällen des Wegfalls der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder eine sonstige Steuervergünstigung normiert. Beim Kindergeld handelt es sich indes nicht um eine Steuerermäßigung, Steuerbefreiung oder eine Steuervergünstigung. Das Kindergeld dient vielmehr grundsätzlich der zutreffenden leistungsgerechten Besteuerung und erst in zweiter Linie als Sozialleistung.[1]

 

Rz. 4

Die Mitteilungspflicht trifft den Antragsteller und den Empfänger von Kindergeld. Dies kann sowohl der vorrangig Kindergeldberechtigte sein als auch ein Dritter, der einen Antrag auf Auszahlung des Kindergelds nach § 67 S. 2 EStG gestellt hat.

 

Rz. 5

Mitzuteilen sind sämtliche Änderungen in den Verhältnissen, die für die Kindergeldgewährung erheblich sind, das sind die Anspruchsvoraussetzungen gem. §§ 62 bis 65 EStG. Ferner sind mitzuteilen die Verhältnisse, über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, z. B. geänderte Erklärungen über die Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2, 3 EStG. Die Mitwirkungspflicht umfasst eine entsprechende Beweisvorsorgepflicht. Der Antragsteller ist daher gehalten, entsprechende Unterlagen – auch aus seinem Privatbereich – aufzubewahren.[2]

 

Rz. 6

Die Mitteilungspflicht besteht auch nach Beendigung des Kindergeldbezugs, wenn nachträglich Veränderungen eintreten, die den Anspruch rückwirkend beeinflussen.[3]

 

Rz. 7

Die Mitteilungspflicht muss unverzüglich erfüllt werden, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB), nachdem die Änderung der Verhältnisse dem Antragsteller bzw. Empfänger bekannt geworden sind. Die Mitteilung ist nicht formgebunden; eine E-Mail an die zuständige Familienkasse ist ausreichend.[4] Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht (unterlassene oder verspätete Mitteilung) kann strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Folgen haben (§§ 370, 378 AO).[5] Eine schuldhafte Verletzung der Mitteilungspflicht kann nicht nur zur Rückzahlung erhaltenen Kindergelds führen, sondern auch einen entsprechenden Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen.[6]

Die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids sowie die entsprechende Rückzahlungsverpflichtung setzen allerdings keine schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflicht voraus, sondern lediglich eine Änderung in den für die Gewährung erheblichen Verhältnissen (§ 70 Abs. 2 EStG). Bei schuldhafter Verletzung der Mitwirkungspflichten kann gegen die Aufhebung des Bescheids nach § 70 Abs. 2 EStG und die entsprechende Rückforderung kein Vertrauensschutz geltend gemacht werden.[7]

Nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist nicht mit Ablauf des Kj., in dem die Steuer (der Kindergeldanspruch) entstanden ist, sondern u. a. erst mit dem Ablauf des Kj., in dem eine erforderliche Anzeige eingereicht wird. Laut BFH ist die Mitteilung über Änderungen in den für das Kindergeld erheblichen Verhältnissen, zu welcher der Kindergeldberechtigte nach § 68 Abs. 1 S. 1 EStG verpflichtet ist (z. B. Aufnahme in einen anderen Haushalt) keine "Anzeige" i. S. v. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, die zu einer Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Anspruch auf Kindergeld führt.[8]

 

Rz. 7a

Unterlässt es ein Kindergeldberechtigter, der fortlaufend Kindergeld bezieht, der Familienkasse den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen mitzuteilen und begeht er dadurch eine Steuerordnungswidrigkeit, so kann die Festsetzung des Kindergeldes nachträglich aufgehoben werden. Dabei ist der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 7 AO bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung, die erst mit der letztmals zu Unrecht erlangten Kindergeldzahlung beginnt, gehemmt.[9]

2.2 Mitwirkungspflicht des Kindes (Abs. 1 S. 2)

 

Rz. 8

Volljährige Kinder haben auf Verlangen der Familienkasse...

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