Rz. 360

Verbindlichkeiten sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder mit ihrem höheren Teilwert anzusetzen (s. Rz. 364ff.). Während unter Anschaffungskosten von Verbindlichkeiten im Allgemeinen der Nennbetrag als Erfüllungs- oder Rückzahlungsbetrag i. S. v. § 253 Abs. 1 HGB zu verstehen ist[1], ist der Teilwert einer Verbindlichkeit der Betrag, den der gedachte Erwerber des Betriebs mehr zahlen würde, wenn die Verbindlichkeit nicht bestünde oder wenn er sie vom Veräußerer nicht zu übernehmen bräuchte.[2]

 

Rz. 361

Der Teilwert einer Verbindlichkeit muss dann angesetzt werden, wenn er höher als der Anschaffungswert ist. Das Niederstwertprinzip verwandelt sich daher bei Verbindlichkeiten in das Höchstwertprinzip, um den Verlust in Gestalt höheren Aufwands zu antizipieren. Ermäßigungen des Rückzahlungsbetrags sind als Ertrag hingegen erst bei ihrer Realisierung zu berücksichtigen.

 

Rz. 362

Der Rückzahlungsbetrag und damit der Teilwert von Verbindlichkeiten können sich im Laufe der Zeit erhöhen

  • durch eine Wertsicherungsklausel[3]
  • bei Fremdwährungsverbindlichkeiten durch ein Ansteigen des Kurses der ausländischen Währung.[4] Ist der Kurs am Bilanzstichtag gesunken, so kann dies einen Ansatz des niedrigeren Teilwerts rechtfertigen. Um allerdings einen voraussichtlich dauernd höheren Teilwert mit der Folge einer Gewinn mindernden Erhöhung des Bilanzausweises annehmen zu können, reichen übliche Wechselkursschwankungen nicht aus[5]; ob bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine Veränderung des Wechselkurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung gegeben ist, hängt von der Laufzeit der Verbindlichkeit ab[6]
  • bei abgezinsten Verbindlichkeiten bei einer Senkung des Marktzinses[7]
  • bei Zerobonds in Höhe der bis zum Bilanzstichtag aufgelaufenen Zinsen.[8]
 

Rz. 362a

Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von zumindest 10 Jahren berechtigt nicht jeder Kursverlust zur Annahme einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung. Dazu müssen fundamentale Veränderungen der wirtschaftlichen und/oder finanzpolitischen Daten eine dauerhafte Veränderung der Wechselkurse vermuten lassen. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Notenbank eines Fremdwährungsstaats die Absicht äußert, Stützungskäufe zu tätigen, um einen bestimmten Wechselkurs der Fremdwährung zu verteidigen.[9] Voraussetzung ist, dass derartige Erkenntnisse am maßgeblichen Bilanzstichtag bereits vorlagen, denn Entscheidungen wirtschaftlicher oder währungspolitischer Art, die für die Prognose zukünftiger Kursentwicklungen von Bedeutung sind, sind wertbegründende Tatsachen.[10]

 

Rz. 363

Bei Teilwertzuschreibungen auf Verbindlichkeiten ist stets zu bedenken, dass ein über den Nennwert hinausgehender Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 EStG nur dann angesetzt werden darf, wenn die Steigerung des Rückzahlungsbetrags eine voraussichtlich dauernde ist. Außerdem gilt auch hier das Wertaufholungsgebot (s. Rz. 257g ff.). Danach sind Verbindlichkeiten wieder auf ihre ursprünglichen Anschaffungskosten abzuwerten, wenn der Wert wieder gefallen ist.[11]

 

Rz. 363a

Bei Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs ist der Zeitpunkt der Tilgung oder Entnahme von besonderer Bedeutung.Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Ihr Entstehen hängt wirtschaftlich eng mit einzelnen bestimmbaren, nach Art des Betriebs immer wiederkehrenden und nicht die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens betreffenden laufenden Geschäftsvorfällen zusammen.
  • Dieser Zusammenhang bleibt bis zur Tilgung der Verbindlichkeit erhalten.
  • Die Verbindlichkeit wird innerhalb der nach Art des laufenden Geschäftsvorfalls allgemein üblichen Frist getilgt. Hält bei diesen eine Wechselkurserhöhung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Tilgungs- oder Entnahmezeitpunkt an, ist davon auszugehen, dass die Werterhöhung voraussichtlich von Dauer ist. Zusätzliche Erkenntnisse, z. B. Wechselkursschwankungen auf den Devisenmärkten, sind zu berücksichtigen.[12]

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