6.1 Allgemeines

 

Rz. 252

§ 50d Abs. 11 EStG enthält eine besondere Regelung für den Fall, dass ein DBA die Steuerfreistellung einer Gewinnausschüttung vorsieht, diese aber nach nationalem Recht einem anderen als dem Zahlungsempfänger zugerechnet wird, der nach seiner Rechtsform diese Steuerfreistellung nicht in Anspruch nehmen kann. Die Vorschrift gilt nur für im Inland ansässige Gesellschafter der Kapitalgesellschaft und damit im Rahmen der unbeschränkten Stpfl. Für im Ausland ansässige Gesellschafter und damit im Rahmen der beschr. Stpfl. enthält § 50d Abs. 11a EStG eine entsprechende Regelung (s. Rz. 266ff.).

Die Vorschrift dient nicht der Verhinderung von Missbräuchen, sondern soll eine ungewollte Lücke schließen, die durch unterschiedliche Entscheidungen der Gesetzgeber der beteiligten Staaten über die Zuordnung von Erträgen entstehen kann.

 

Rz. 253

Die Vorschrift wurde durch G. v. 8.5.2012[1] eingeführt und gilt nach § 52 Abs. 59a S. 9 EStG a. F. erstmals für Zahlungen, die nach dem 31.12.2011 erfolgen; mit "erfolgen" dürfte der Zufluss bzw. der Zeitpunkt der steuerwirksamen Vereinnahmung gemeint sein. Durch G. v. 2.6.2021[2]

wurde in S. 1 klargestellt, dass die Regelung nur bei einem unbeschränkt stpfl. Zahlungsempfänger anzuwenden ist. Die Änderung ist nach § 52 Abs. 1 EStG ab Vz 2021 anzuwenden, ist jedoch nur eine Klarstellung, sodass sie auch für zurückliegende Vz gilt.

[1] BGBl I 2012, 1030; Kollruss, DStZ 2012, 702; Kollruss/Weißert/Dilg, DB 2013, 423; Kollruss, BB 2013, 157; Kopec/Kudert, IStR 2013, 498; Bron, IStR 2018, 711; Rüsch, ISR 2019, 419; Kollruss/Weißert, IStR 2020, 402.
[2] BGBl I 2021, 1259.

6.2 Internationales Schachtelprivileg bei hybriden Gesellschaftsformen

6.2.1 Problemstellung

 

Rz. 254

Die Vorschrift setzt voraus, das Gewinnausschüttungen nach einem DBA bei dem unbeschränkt stpfl. Zahlungsempfänger von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, also steuerfrei zu stellen sind. Sie erfasst daher nur den Fall, dass die Gewinnausschüttung im Inland zur Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer gehört und dass hierauf ein DBA anwendbar ist. Denkbar wäre auch der Fall, dass eine im Ausland ansässige Kapitalgesellschaft eine Betriebsstätte im Inland unterhält und die Dividende aus einem dritten Staat zu den Betriebseinnahmen der Betriebsstätte gehört. In diesem Fall ist aber ein DBA nicht anzuwenden, da die Betriebsstätte nicht abkommensberechtigt ist.

 

Rz. 255

Weitere Voraussetzung ist, dass nach dem anzuwendenden DBA die Gewinnausschüttung aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen ist. Steuerfreistellungen aufgrund anderer Rechtsvorschriften, wie etwa § 8b Abs. 1 KStG, werden von der Vorschrift nicht erfasst. Eine Steuerfreistellung enthalten die DBA nur aufgrund des internationalen Schachtelprivilegs. Voraussetzung hierfür ist, dass eine im Inland ansässige Körperschaft (keine Personengesellschaft) Gewinnausschüttungen von einer im anderen Staat ansässigen Körperschaft erhält, an der die deutsche Körperschaft zu mindestens 25 % oder 10 % unmittelbar beteiligt ist. In neueren Abkommen wird außerdem zur Voraussetzung gemacht, dass die Ausschüttung bei der ausschüttenden Gesellschaft bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen worden ist. Besonderheiten des deutschen Steuerrechts können nun dazu führen, dass das internationale Schachtelprivileg von Personen in Anspruch genommen werden kann, denen es nach Sinn und Zweck der entsprechenden DBA-Regelung nicht zustehen soll. Handelt es sich bei dem Empfänger der Ausschüttung um eine hybride Gesellschaftsform, kann die Ausschüttung ganz oder z. T. steuerlich unmittelbar einer natürlichen Person zugerechnet werden. Nach dem DBA kann darauf abzustellen sein, wer Zahlungsempfänger und nicht, wem die Dividende zuzurechnen ist. Bei einer hybriden Kapitalgesellschaft kann diese nach dem DBA Zahlungsempfänger sein, während Zurechnungssubjekt nach nationalem Recht eine natürliche Person sein kann. In diesem Fall würde eine natürliche Person von dem internationalen Schachtelprivileg profitieren, obwohl sie ihrer Rechtsform nach nicht zu den Begünstigten gehört.

 

Rz. 256

Hybride Gesellschaftsformen i. d. S. sind Gesellschaftsformen, bei denen Teile der Einkünfte der Körperschaft unmittelbar einer anderen Person zugerechnet werden. Im deutschen Recht sind dies die KGaA und die Kapitalgesellschaft & atypische stille Gesellschaft. Der BFH hatte für die Zahlung einer Dividende an eine KGaA, an der eine Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt war, entschieden, dass das DBA für die Gewährung des internationalen Schachtelprivilegs nur auf den Zahlungsempfänger abstellt, nicht aber darauf, wem nach nationalem Recht die Gewinnausschüttung zuzurechnen war.[1] Zahlungsempfänger war die KGaA und damit eine Kapitalgesellschaft. An dieser abkommensrechtlichen Steuerfreistellung ändere die nach nationalem Recht erfolgende Zurechnung eines Teils der Gewinnausschüttung zu dem persönlich haftenden Gesellschafter nichts. Es komme auf die Rechtsform der KGaA, nicht auf die des Komplementärs an, auch soweit die Gewinnaus...

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