6.5.4.1 Schwebende Geschäfte

 

Rz. 484

Verbindlichkeiten aus Leistungsaustauschverträgen sind nicht auszuweisen, solange es sich um schwebende Geschäfte handelt. Deshalb hat der zahlungspflichtige Vertragspartner (z. B. der Käufer) seine Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag erst zu passivieren, wenn der Sachleistungspflichtige (z. B. der Verkäufer) seine Leistung (Lieferung) vollständig erbracht hat. Solange dies nicht der Fall ist, wird das schwebende Geschäft – vorbehaltlich der Passivierung von erhaltenen Anzahlungen und Erfüllungsrückständen – bilanziell als wertmäßig ausgewogene Einheit (Lieferungsanspruch und Zahlungsverpflichtung) behandelt, die den separaten Ausweis einer Verpflichtung ausschließt (vgl. Rz. 79).

Die Grundsätze der schwebenden Geschäfte gelten nur für die im sog. synallagmatischen Verhältnis stehenden Hauptpflichten, also die Sachleistungsverpflichtung und die Zahlungsverpflichtung. Andere Verpflichtungen können ungeachtet des Schwebens des Leistungsaustauschvertrags – je nach dem Grad der Verwirklichung als Verbindlichkeit oder Rückstellung – bilanziert werden, sobald sie wirtschaftlich verursacht sind und den Verpflichteten belasten (vgl. z. B. die Pachterneuerungsrückstellung, Rz. 120, 458 "Pacht").

Nach den Grundsätzen der schwebenden Geschäfte richtet sich nicht nur der Bilanzausweis von Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen (Miete, Pacht, Darlehen und andere Nutzungsverträge), sondern auch aus Sukzessivlieferungsverträgen, deren Leistungen abschnittsweise abgerechnet werden (vgl. Rz. 82).

6.5.4.2 Verpflichtungen auf Gewinnverzicht und aus künftigen Gewinnen zu tilgende Verbindlichkeiten

 

Rz. 485

Die wirtschaftliche Belastung kann bei einer Verbindlichkeit fehlen, wenn der Verpflichtete auf einen in der Zukunft möglicherweise anfallenden (Teil seines) Reingewinn(s) verzichtet. Eine solche Verbindlichkeit kann einer aufschiebend bedingten Verbindlichkeit nahe kommen, wenn der tatsächliche Anfall eines Reingewinns in der Zukunft als aufschiebende Bedingung anzusehen ist (z. B. Besserungsscheine im Rahmen einer Sanierung). Verpflichtet sich ein Stpfl. aber, eine bestimmte Gewinnchance, z. B. aus einem Immobiliengeschäft, dem Berechtigten dadurch zu überlassen, dass er den Ankauf des fraglichen Grundstücks unterlässt, so liegt darin zwar eine unbedingte Verbindlichkeit. Sie belastet aber sein derzeitiges Vermögen nicht, weil sie nur darin besteht, einen in der Zukunft vielleicht möglichen Gewinn nicht zu erzielen. Aus dem gleichen Grund ist auch eine Verpflichtung aus einem Ergebnisabführungsvertrag (Gewinnabführungsvertrag) i. S. v. §§ 291ff. AktG erst zu passivieren, wenn der abzuführende Gewinn entstanden ist.

 

Rz. 486

Gewinnabhängige Verbindlichkeiten sind Schulden, deren (Rück-)Zahlung von der Bedingung abhängig ist, dass in dem Unternehmen künftig ein bestimmter Ertrag (Einnahme oder Gewinn) entsteht. Sie belasten das gegenwärtige Vermögen des Schuldners noch nicht.[1] Sie sind aufschiebend bedingt, wenn die Rückzahlungsverpflichtung nur bei Eintritt der Bedingung entsteht, und deshalb handels- wie steuerrechtlich nicht zu bilanzieren.[2]

Diese Rspr. ist durch Gesetz v. 22.12.1999[3] in § 5 Abs. 2a EStG übernommen worden. Danach dürfen Verbindlichkeiten, trotz rechtlichen Bestehens, nicht passiviert werden, soweit sie nur zu erfüllen sind, wenn künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Diese Verbindlichkeiten sind wirtschaftlich nicht durch die abgelaufene Periode, sondern durch die künftigen Einnahmen oder Gewinne verursacht. Sie belasten das (gegenwärtige) Vermögen nicht, sondern nur die künftigen Vermögensmehrungen. Eine solche Verbindlichkeit kann erst passiviert werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn ein Erlass für den Fall vereinbart wird, wenn und solange die Ertragslage eine Bedienung der Darlehensforderung nicht ermöglicht; der Sache nach handelt es sich bei einer solchen Formulierung um einen Erlass gegen Besserungsabrede.[4]

Ist die Verbindlichkeit (nur) aus dem Liquidationsvermögen zu tilgen, greift das Passivierungsverbot ebenfalls ein.[5] Das Liquidationsvermögen ist zwar gegenwärtiges Vermögen, sodass die Verbindlichkeit daher auch das gegenwärtige Vermögen belastet. Entscheidend ist aber, dass die Bilanzierung von der Fortführungshypothese ausgeht und daher eine bis zur Liquidation aufgeschobene Verbindlichkeit nicht als gegenwärtige Belastung des fortgeführten Unternehmens angesehen werden kann.

Das Passivierungsverbot gilt damit immer dann, wenn die Rückzahlung der Verbindlichkeit von dem zukünftigen Erfolg abhängt. Dieser Erfolg kann Gewinn, aber auch Umsatz (Einnahmen) sein; auch umsatzabhängige Verbindlichkeiten fallen damit unter das Passivierungsverbot. Die Entscheidung des BFH[6] mit der Unterscheidung zwischen gewinnabhängigen Rückzahlungsverpflichtungen (Passivierungsverbot) und erlösabhängigen Verpflichtungen (kein Passivierungsverbot) ist seit Inkrafttreten des § 5 Abs. 2a EStG überholt.[7]

Folge des Passivierungsverbots für eine Verbindlichkeit bei einem nur aus künftigen Einnahmen zu tilgenden Darlehen ist, dass der Zuflu...

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