Rz. 99

Diese zweite Tatbestandsalternative soll gemäß der Gesetzesbegründung Fälle erfassen, in denen eine abweichende Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte oder zwischen mehreren Betriebsstätten erfolgt.

 

Rz. 100

Diese Regelung ist die nationale Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. f ATAD, der sich gegen sog. "deemed branch payments" bzw. fiktive Betriebsstätten-Zahlungen richtet.[1]

 

Rz. 101

Fiktive Zahlungen können sich in Deutschland beispielsweise gem. § 1 Abs. 5 AStG i. V. m. § 16 BsGaV für die sog. anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen (auch "Dealings" bezeichnet) ergeben.[2]

 

Rz. 102

Der Anwendungsbereich erfasst Fälle, in denen in Deutschland aufgrund anzunehmender schuldrechtlicher Beziehungen i. S. d. § 1 Abs. 4 und 5 AStG ein fiktiver Betriebsausgabenabzug erfolgt, im anderen Staat hingegen keine korrespondierende Erfassung fiktive Erträge stattfindet, weil der andere Staat die schuldrechtlichen Beziehungen abweichend vom deutschen Recht beurteilt.

 

Rz. 103

Der Wortlaut verlangt keinen Qualifikationskonflikt im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Gläubigers, sondern stellt lediglich auf eine "unabgestimmte" Gewinnaufteilung zwischen dem Stammhaus und der Betriebsstätte bzw. zwischen zwei Betriebsstätten ab. Die zweite Tatbestandsalternative wird daher als eine Ergänzung zu den Verrechnungspreisregeln für Betriebsstätten nach § 1 AStG angesehen.[3]

[1] Kaminskiy, Korrespondenzregelungen zur Neutralisierung von Besteuerungsinkongruenzen aufgrund hybrider Gestaltungen, 2020, 141 (Diss.).
[2] Bei § 1 Abs. 5 AStG handelt es sich um die Umsetzung des sog. Authorised OECD Approach (AOA) im nationalen Recht: bei der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) handelt es sich um eine Konkretisierung der Regelung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Betriebsstätten gem. § 1 Abs. 5 AStG.
[3] Frase, in Fuhrmann/Kraeusel/Schiffers, EStG eKommentar, 2021, § 4k EStG Rz. 47.

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