Rz. 40

Um ein Tafelgeschäft handelt es sich, wenn die Wertpapiere bei der auszahlenden Stelle nicht in einem Depot verwahrt werden, sondern die Kapitalerträge am Bankschalter (d. h. der Tafel) Zug um Zug gegen Übergabe der Zinsscheine oder – bei Wertpapieren ohne Zinsscheine – gegen Übergabe der Wertpapiere an den Bankkunden bar ausgezahlt werden, ohne dass bei diesem Geschäft ein kundenbezogenes Konto oder Depot angesprochen wird.

 

Rz. 40a

Ein Tafelgeschäft liegt nach dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 S. 4 Nr. 1a Doppelbuchst. bb EStG auch dann vor, wenn der die Zinsscheine oder die Wertpapiere Einlösende zwar bei dem betreffenden Kreditinstitut ein Wertpapierdepot oder ein Konto unterhält, die zu den von ihm vorgelegten Zinsscheinen gehörenden Teilschuldverschreibungen bzw. die eingelösten Wertpapiere jedoch bei diesem Kreditinstitut nicht im Depot geführt werden – und zwar unabhängig davon, ob die Kapitalerträge bar ausgezahlt oder seinem Konto gutgeschrieben werden.

 

Rz. 40b

Durch das StMBG v. 21.12.1993[1] erfolgte die Klarstellung, dass es sich auch dann um ein Tafelgeschäft handelt, wenn Wertpapiere, die keine Zinsscheine haben (wie z. B. Zero-Coupon-Bonds), bei der auszahlenden Stelle nicht im Depot geführt, sondern am Schalter zur Einlösung vorgelegt werden.

 

Rz. 41

Die Steuersätze für den KapESt-Abzug sind durch das G. v. 14.8.2007[2] einheitlich und übereinstimmend mit dem gesonderten Steuersatz in § 32d Abs. 1 S. 1 EStG ausgestaltet worden für alle Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2008 zufließen (§ 52a Abs. 1 EStG). Dies gilt auch für Erträge aus Tafelgeschäften. Da sich der Zuflusszeitpunkt für Kapitalerträge nach der Fälligkeit bestimmt, gilt der erhöhte KapESt-Satz von 35 % des Kapitalertrags nach § 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG in der bis 31.12.2009 geltenden Fassung fort, wenn die Fälligkeit des über die Tafel eingereichten Kupons oder des eingereichten Wertpapiers vor dem 1.1.2009 liegt.

 

Rz. 42

Da ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut bei der Auszahlung der Kapitalerträge gegen Aushändigung der Zinsscheine oder Teilschuldverschreibungen nicht nachprüfen kann, ob die Auszahlung an den steuerlichen Gläubiger erfolgt, behält es KiSt im Falle der Kirchenmitgliedschaft nur dann ein, sofern der Kunde bezogen auf das vorgenommene Tafelgeschäft einen Antrag auf Einbehalt der KiSt gestellt hat.[3]

 

Rz. 43

Eine Legitimationsprüfung i. S. d. § 154 Abs. 2 AO (Rz. 37) findet bei Tafelgeschäften nicht statt, weil die Vornahme eines Tafelgeschäfts gerade keine Kontoeröffnung bzw. keine laufende Geschäftsverbindung zum Kreditinstitut voraussetzt.[4] Bei Werten ab 15.000 EUR ist jedoch die Identifizierung des Einreichers nach den Vorschriften des Geldwäschegesetzes erforderlich (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 GwG; §§ 8, 9 GwG).[5]

 

Rz. 43a

Damit der Steuerabzug vom Kapitalertrag nicht etwa zu Unrecht unterbleibt, muss das inländische Kredit- bzw. Finanzdienstleistungsinstitut als die, die Kapitalerträge auszahlende Stelle bei der Auszahlung im Tafelgeschäft immer den KapESt-Abzug einbehalten – und zwar auch dann, wenn es sich bei dem Kunden um einen Steuerausländer handelt, denn nach § 49 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. d EStG sind Kapitalerträge aus verbrieften bzw. registrierten Forderungen i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. a sowie S. 2 EStG, die im Weg eines Tafelgeschäfts ausgezahlt oder gutgeschrieben werden, in die beschränkte Steuerpflicht einbezogen (§ 49 EStG Rz. 341ff.).

 

Rz. 44

Werden die Zinsscheine dagegen von einem ausl. Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut (bzw. von der ausl. Zweigstelle eines inländischen Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts) zur Einlösung eingereicht, unterliegen die Kapitalerträge nicht der beschränkten Steuerpflicht, denn nach § 49 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. d EStG besteht die beschränkte Steuerpflicht nur dann, wenn die betreffenden Kapitalerträge gegen Aushändigung der Zinsscheine "einem anderen als einem ausl. Kreditinstitut oder einem ausl. Finanzdienstleistungsinstitut" ausgezahlt oder gutgeschrieben werden.

In diesen Fällen sind die Kapitalerträge ohne KapESt-Abzug an das ausl. Kreditinstitut oder das ausl. Finanzdienstleistungsinstitut als Steuerausländer auszuzahlen – und zwar unabhängig davon, ob die Wertpapiere, zu denen die zur Einlösung eingereichten Zinsscheine gehören, bei diesem ausl. Institut verwahrt oder verwaltet werden oder nicht.

 

Rz. 45

Über die Kupon-Einlösung am Schalter erhält der Bankkunde einen Abrechnungsbeleg, in dem auch über die einbehaltene KapESt und den einbehaltenen SolZ zur KapESt abgerechnet wird. Nur wenn der Einreicher dies wünscht, wird das in diesem Abrechnungsbeleg für die Eintragung des Namens und der Anschrift des Einreichers vorgesehene Feld ausgefüllt, denn auch bei einem Tafelgeschäft braucht eine KapESt-Bescheinigung nur dann erteilt zu werden, wenn der Einreicher deren Ausstellung wünscht (§ 45a Abs. 2 S. 1 EStG).[6]

Durch die Bezeichnung des Abrechnungsbelegs als "Kupon-Einlösung am Schalter mit Steuerbescheinigung" ...

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