Rz. 37

Der Umstand, dass Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, genügt nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG noch nicht für einen Ausschluss des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG. Erforderlich ist darüber hinaus aufgrund einer entsprechenden Änderung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 v. 8.12.2010[1], dass die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG keine Anwendung findet. Dieses einschränkende Erfordernis ist sachgerecht, da eine Verlagerung von Einkünften aus den hoch besteuerten anderen Einkunftsarten in die niedrig besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nur möglich ist, wenn die Kapitalerträge beim Schuldner als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind. Verwendet der Schuldner das überlassene Kapitalvermögen außerhalb des steuerbaren Bereichs, etwa für die Errichtung eines selbstgenutzten privaten Eigenheims, scheidet eine Einkünfteverlagerung aus, sodass ein Ausschluss des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG nicht gerechtfertigt ist. Entsprechendes gilt, wenn die vom Schuldner erzielten Einkünfte im Inland keiner Besteuerung unterliegen, da es auch in diesem Fall zu keiner Verminderung deutschen Steuersubstrats kommt. Auch die Bezugnahme auf das Abzugsverbot für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Der Verweis betrifft Konstellationen, in denen der Schuldner mithilfe des überlassenen Kapitalvermögens seinerseits Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG erzielt. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG findet in diesem Fall nur dann Anwendung, wenn der Schuldner die Kapitalerträge ausnahmsweise als Werbungskosten abziehen kann. Dies ist nur in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 u. 3 EStG möglich. Bei laufenden Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 EStG wird der geforderte Nachweis von Betriebsausgaben oder Werbungskosten beim Schuldner der Kapitalerträge in der Regel keine Probleme aufwerfen. Im Fall von Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG kann ein entsprechender Nachweis dagegen mit Schwierigkeiten verbunden sein. Gelingt der Nachweis nicht, bleibt es bei der Anwendung des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG.[2]

 

Darlehen an nahestehende Personen[3]

Sachverhalt:

Vater V gewährt seinem Sohn S ein Darlehen i. H. v. 1.500.000 EUR, das mit 2 % laufend verzinst wird und das S zum Erwerb einer fremdvermieteten Immobilie verwendet. Zwischen V und S besteht ein Beherrschungsverhältnis. V hat die Möglichkeit, S konkrete und detaillierte Anweisungen bei der Anschaffung, Verwaltung und Veräußerung der Immobilie zu erteilen. Für den Fall der Zuwiderhandlung kann V das Darlehen sofort zurückfordern, S hat dann zusätzlich eine Vertragsstrafe i. H. v. 500.000 EUR zu zahlen. Ferner unterwirft sich S der sofortigen Zwangsvollstreckung. S ist verpflichtet, auch bei weiteren Investitionen das Einverständnis des V einzuholen. Die zwischen V und S getroffenen Vereinbarungen halten einem Fremdvergleich stand. Zur Besicherung des Darlehens hat S seine Ansprüche aus dem Mietverhältnis an V abgetreten. Die Einkünfte des S aus der Vermietung der Immobilie unterliegen der Besteuerung im Inland.

Lösung:

V hat die von ihm erzielten Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern. S kann die Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG abziehen. Jedoch kommt für V der proportionale Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG i. H. v. 25 % nicht zur Anwendung, weil aufgrund der Beherrschung von einem Nahestehen i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG auszugehen ist. V muss die vereinnahmten Zinsen daher dem progressiven Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG i. H. v. bis zu 45 % unterwerfen. Die Besteuerung erfolgt im Veranlagungsverfahren, sodass V die Zinsen in der Steuererklärung anzugeben hat. Zu einer Anrechnung von KapESt nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommt es hierbei nicht, da § 43 Abs. 1 EStG bei Darlehensgewährungen zwischen Privatpersonen keinen Steuerabzug vom Kapitalertrag vorsieht.

Rz. 38 einstweilen frei

[1] BGBl I 2010, 1768; zur zeitlichen Anwendung s. § 52a Abs. 15 EStG i. d. F. d. JStG 2010 v. 8.12.2010.
[2] BT-Drs. 19/22850, 84, zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG.
[3] Nach Moritz/Strohm, DB 2014, 2306, 2311.

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