Rz. 75

Nachträgliche Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die sich nicht im Weg der materiellen Rückwirkung[1] auf den Veräußerung- oder Aufgabegewinn auswirken. Sie können zu negativen nachträglichen Einkünften i. S. v. Nr. 2 führen.

 

Rz. 76

Zu den nachträglichen Betriebsausgaben gehören Schuldzinsen für Verbindlichkeiten, die während des Bestehens des Betriebs begründet wurden und die passives Betriebsvermögen geblieben sind, weil sie aus dem Veräußerungserlös oder der Verwertung des Aktivvermögens nicht beglichen werden konnten[2], und zwar auch nicht unter Einsatz von zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern des aktiven Sonderbetriebsvermögens.[3]. Der betriebliche Charakter der Schulden geht mithin verloren, soweit die Tilgung bei Einstellung der Tätigkeit unterbleibt, obwohl dafür ausreichendes (ehemaliges) Aktivvermögen vorhanden ist und keine Verwertungshindernisse hinsichtlich des zurückbehaltenen Aktivvermögens oder Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses entgegenstehen.[4] Ein Tilgungshindernis besteht z. B., wenn bei einer betrieblich veranlassten Rentenverpflichtung der Berechtigte der Ablösung nicht zustimmt[5]. Der BFH hat kein Verwertungshindernis hinsichtlich der ins Privatvermögen überführten Grundstücksteile (Räumlichkeiten) angenommen, die in das private Wohnhaus des Stpfl. und seiner Familie integriert waren.

Tilgungs- oder Auszahlungshindernisse sind nur während ihrer Dauer beachtlich. Das Tilgungshindernis der Ungewissheit der zurückbehaltenen Verbindlichkeit entfällt, wenn die Ungewissheit endet[6]. Der Einsatz von Privatvermögen oder anderweitigem Betriebsvermögen ist nicht erforderlich, um die Abzugsmöglichkeit zu erhalten.

Die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG greift auch für nachträgliche Schuldzinsen. Überentnahmen können auch deren steuerliche Abziehbarkeit einschränken.[7]

 

Rz. 77

Ist eine Verbindlichkeit nach den vorstehenden Grundsätzen nach Betriebsaufgabe oder -veräußerung im Betriebsvermögen verblieben und sind in der Folgezeit die laufenden Zinsen dem Darlehenskonto belastet und als nachträgliche Betriebsausgaben behandelt worden, so mindert ein späterer Schulderlass rückwirkend den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn insoweit, als er auf den Darlehensstand zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe entfällt. Der übersteigende Teil – Erlass der später entstandenen Darlehenszinsen – ist dagegen als nachträglicher (laufender) Gewinn des Erlassjahres zu behandeln.[8].

 

Rz. 78

Eine Umschuldung der Verbindlichkeiten, die nicht getilgt werden konnten, ist unschädlich. Aufwendungen im Zusammenhang mit einer derartigen Umschuldung sind ebenso wie die für die neuen Verbindlichkeiten bezahlten Zinsen nachträgliche Betriebsausgaben.[9] Auch nach einem Übergang des Betriebs zur Liebhaberei bleiben die Schuldzinsen abziehbar, soweit die Verbindlichkeiten nicht durch eine Verwertung von Aktivvermögen hätten beglichen werden können.[10]

 

Rz. 79

Die Abziehbarkeit der Schuldzinsen bleibt erhalten, wenn das zurückbehaltene darlehensfinanzierte Wirtschaftsgut "umgewidmet" und künftig vermögensverwaltend vermietet wird; die Zinsen auf die ehemals betriebliche Verbindlichkeit werden dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.[11] Auch hier ist eine Umschuldung unschädlich.[12]

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