Rz. 361

§ 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F. bestimmte, dass verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG nach der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 S. 9 u. 10 EStG a. F. zu verrechnen waren. Nach § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. konnten Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, auf die § 23 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung anzuwenden war, abweichend von § 23 Abs. 3 S. 7 EStG auch mit Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ausgeglichen werden. § 23 Abs. 3 S. 10 EStG a. F. sah vor, dass diese Verluste abweichend von § 23 Abs. 3 S. 8 EStG nach Maßgabe des § 10d EStG auch die Einkünfte minderten, die der Stpfl. in den folgenden Vz aus § 20 Abs. 2 EStG erzielte. Nach § 52a Abs. 11 S. 11 EStG a. F. war § 23 Abs. 3 S. 9 u. 10 EStG a. F. letztmals für den Vz 2013 anzuwenden.

 

Rz. 362

§ 23 Abs. 10 S. 8 und 9 EStG a. F. sollte es dem Stpfl. ermöglichen, bis zum Vz 2008 nicht ausgeglichene Altverluste aus der Veräußerung von Wertpapieren i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a. F. für einen Übergangszeitraum von 5 Jahren mit Neugewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG zu verrechnen. Da Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren seit der Einführung der Abgeltungsteuer unter § 20 Abs. 2 EStG fallen, sollte auf diese Weise verhindert werden, dass entsprechende Verluste dauerhaft verloren gehen.[1] Aus diesem Grund gestattete der Gesetzgeber bis zum Vz 2013 eine Verrechnung entsprechender Altverluste mit Neugewinnen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG. Das bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG nach § 23 Abs. 3 S. 7 u. 8 EStG geltende Verbot des vertikalen Verlustausgleichs fand insofern keine Anwendung. Der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 10 S. 8 u. 9 EStG a. F. war indes nicht auf Altverluste aus der Veräußerung von Wertpapieren gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a. F. begrenzt. Vielmehr waren ausgehend von dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift sämtliche Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG erfasst, also auch solche aus der Veräußerung von Grundstücken i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und sonstigen Wirtschaftsgütern i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.[2] Unsicherheiten ergaben sich lediglich in zeitlicher Hinsicht. § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. bezog sich in seiner ursprünglichen Fassung auf Verluste "im Sinn des § 23 in der bis zum 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung". Damit waren entgegen der gesetzgeberischen Intention[3] auch Verluste i. S. d. § 23 EStG erfasst, die nach dem 31.12.2008 anfielen. Hiergegen gerichtete teleologische Überlegungen griffen aufgrund des klaren Wortlauts der Vorschrift nicht.[4] Erst mit dem JStG 2010 v. 8.12.2010[5] hat der Gesetzgeber § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. geändert. Seither galt die Vorschrift für Verluste, "auf die § 23 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung anzuwenden ist". Verluste aus der Veräußerung von Grundstücken i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und sonstigen Wirtschaftsgütern i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, die nach dem 31.12.2008 anfielen, gehörten seither nicht mehr zu den Altverlusten i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 8 und 9 EStG a. F.[6] Nach Ansicht des Gesetzgebers sollte es sich hierbei lediglich um eine Klarstellung handeln, die nach § 52a Abs. 1 S. 11 EStG a. F. rückwirkend ab dem Vz 2009 anzuwenden war.[7] Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der ursprünglichen Fassung von § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. dürften die Voraussetzungen für eine verfassungsrechtlich zulässige Rückwirkung jedoch kaum vorliegen und die Neuregelung somit erst ab dem Vz 2010 Geltung beanspruchen.[8] Nicht zu den Altverlusten gem. § 23 Abs. 10 S. 8 u. 9 EStG a. F. gehören Altverluste aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG in der bis zum Vz 2008 geltenden Fassung. Will der Stpfl. eine Verrechnung solcher Altverluste mit Neugewinnen i. S. d. § 20 EStG erreichen, muss er einen Antrag auf Günstigerprüfung i. S. d. § 32d Abs. 6 EStG stellen.[9]

 

Rz. 363

Was die Reihenfolge der Verlustverrechnung anbelangt, so bestimmte § 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F., dass Altverluste i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 8 u. 9 EStG a. F. mit verbleibenden positiven Einkünften aus Kapitalvermögen nach der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG zum Ausgleich zu bringen sind. Auch im Hinblick auf die Verrechnung von Altverlusten hält der Gesetzgeber damit am Vorrang der Verlustverrechnung im Steuerabzugsverfahren fest, wodurch Verlustverrechnungspotenzial verloren gehen kann. Um dem entgegenzuwirken, sind bei der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG nach Ansicht der Finanzverwaltung Verluste i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG zunächst mit laufenden Erträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG und erst anschließend mit Gewinnen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG zum Ausgleich zu bringen.[10] Verbleibt nach der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG ein positiver Saldo, so ist dieser vorrangig mit Altverlusten i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 8 und 9 E...

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