Rz. 147a

§ 16 Abs. 3b EStG wurde mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011[1] eingefügt. Damit wird das von der Rspr.[2] entwickelte Wahlrecht bei Betriebsverpachtung (R 16 Abs. 2 EStR 2012) und Betriebsunterbrechung (H 16 Abs. 2 "Betriebsunterbrechung" EStH 2019) erstmals gesetzlich geregelt. Die Regelung ist anwendbar auf Betriebsaufgaben i. S. d. § 16 Abs. 3 EStG, die nach dem Inkrafttreten am 4.11.2011 stattfinden (§ 52 Abs. 34 S. 9 EStG), d. h. vollendet werden. Erfasst werden somit alle Betriebsaufgaben, bei denen der Stpfl. nach dem 4.11.2011 die ausdrückliche Erklärung abgegeben hat oder die maßgeblichen Umstände dem FA bekannt werden. Eine zuvor abgegebene Erklärung oder davor erlangte Kenntnis lösen die in § 16 Abs. 3b EStG angeordneten Rechtsfolgen nicht aus.

 

Rz. 147b

Das auf Rspr. beruhende Wahlrecht, bei einer Betriebsverpachtung den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe durch Erklärung herbeizuführen, bleibt als solches grundsätzlich bestehen.[3] Es kann deshalb weiterhin auf die zugrunde liegende Rspr. sowie das Schreiben der Finanzverwaltung[4] zurückgegriffen werden. Gesetzlich geregelt werden lediglich die Vorgänge der – willentlichen oder faktischen – Beendigung der Gewerblichkeit[5] des ruhenden oder verpachteten Betriebs durch Aufgabeerklärung, faktische Betriebseinstellung oder Betriebsauflösung. Hierfür wird der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe hinausgeschoben, bis

Damit soll die steuerliche Erfassung der stillen Reserven gesichert und unbemerkte oder "schleichende" Betriebsaufgaben verhindert werden, wie sie insbesondere bei nicht eindeutigen, insbesondere nur konkludent abgegebenen Erklärungen oder im Falle einer allmählichen Umgestaltung der tatsächlichen Verhältnisse durch Veräußerung, Entnahme oder Umgestaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen eintreten können.[6]  Erreicht wird dies durch die Fiktion des Weiterbestehens des Gewerbebetriebs bis zu einer ausdrücklichen Erklärung der Aufgabe oder dem Bekanntwerden einer Betriebszerschlagung und damit zum Wegfall der Möglichkeit einer Betriebs-Wiederaufnahme.

 

Rz. 147c

Die Regelung ist anwendbar auf Betriebsverpachtungen und Betriebsunterbrechungen eines Gewerbebetriebs im Ganzen. Teilbetriebs-Verpachtungen oder Teilbetriebs-Unterbrechung werden nicht erfasst. Der sachliche Grund dafür ist, dass eine Betriebsstilllegung oder Verpachtung eines Teilbetriebs keinen Einfluss auf die Betriebsvermögenseigenschaft des betroffenen Teilbetriebsvermögens hat; Teilbetriebsvermögen bleibt Teil des Betriebsvermögens des Rest-Betriebs, solange es nicht veräußert oder entnommen wird.

 

Rz. 147d

Darüber hinaus erfasst § 16 Abs. 3b EStG über die Verweisung auf § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG die Verpachtung und Unterbrechung eines gesamten Mitunternehmeranteils oder eines gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA. Beide Vorgänge haben, kaum praktische Bedeutung[7]. Eine (Betriebs-)Unterbrechung in Bezug auf einen Mitunternehmeranteil an einem Gewerbebetrieb oder eines Komplementär-Anteils an einer KGaA dürfte allenfalls bei zeitweisem Wegfall der (Mit-)Unternehmereigenschaft möglich sein, etwa bei Nießbrauchbestellung[8]. Der Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht führt dagegen zum endgültigen Verlust der Mitunternehmereigenschaft, weil sie nur durch Sachverhaltsänderung wieder eintreten kann (a. A. Rspr.; Rz. 135, 137,138). Eine Betriebsunterbrechung bei der gesamten Mitunternehmerschaft wirkt sich bereits im Rahmen der Mitunternehmerschaft aus. Lediglich die Betriebsunterbrechung einer KGaA kann mangels Mitunternehmerschaft selektive Auswirkungen auf den Komplementäranteil haben. Eine Verpachtung eines Komplementäranteils an der KGaA ist mangels außergesellschaftsrechtlicher Übertragbarkeit der Mitwirkungsrechte und der Innenhaftung gesellschaftsrechtlich nicht möglich.[9] Die Regelung gilt jedoch nicht für gewerblich geprägte Personengesellschaften, da diesen das Verpächterwahlrecht nicht zusteht, und nicht für die Besitzpersonengesellschaft bei einer (mitunternehmerischen) Betriebsaufspaltung und nicht bei der Verpachtung des Betriebs eines Mitunternehmers an seine Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG).[10]

[1] Gesetz v. 1.11.2011, BGBl I 2011, 2131.
[3] BT-Drs. 17/5121, 38.
[5] Niedersächsisches FG v. 23.1.2013, 9 K 293/11, EFG 2013, 774: Beim Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebes fehlt es an der Zuordnung zum Betriebsvermögen, wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs den erworbenen Betrieb zu keinem Zeitpunkt selbst bewirtschaftet, sondern in unmittelbarem Anschluss an den entgeltlichen Erwerb verpachtet. In solchen Fällen steht dem Erwerber kein sog. Verpächterwahlrecht zu.
[6] BT-Drs. 17/5125, 37.
[7] I. E. eben...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge