7.1 Entstehungsgeschichte

 

Rz. 549

Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 16.5.2003[1] ist die Verlustverrechnungsbeschränkung für Beteiligungen einer Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft mit Wirkung von 2003 eingeführt und durch das Korb II-Gesetz v. 22.12.2003[2] auch auf zwischengeschaltete Personengesellschaften erstreckt worden. Die Rückwirkung des § 15 Abs. 4 S. 6 EStG auf den Vz 2003 hat der BFH[3] als unechte Rückwirkung insoweit für verfassungsrechtlich zweifelhaft erachtet, als sich § 15 Abs. 4 S. 6 EStG ohne Beschränkung auch auf Verluste erstreckt, die auf vor dem Jahr 2003 begründeten Verpflichtungen beruhen. .

Sinn und Zweck der Regelung ist die Beseitigung eines möglichen Verlusttransfers oder Verlusttransports mittels einer still beteiligten Kapitalgesellschaft durch § 15 Abs. 4 S. 6 EStG und § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG.[4] Die Regelung gilt als verfassungsrechtlich problematisch, da sie Kapitalgesellschaften und Mitunternehmerschaften sowie Innen- und Außengesellschaften ohne hinreichende Rechtfertigung ungleich behandelt.[5] Gleichwohl hat das FG Baden-Württemberg verfassungsrechtliche Zweifel jüngst unter Hinweis auf den Charakter der Vorschrift als Missbrauchsabwehr verneint.[6]

Rz. 550 einstweilen frei

[1] BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321.
[2] BGBl I 2003, 2840.
[4] BR-Drs. 866/02, 57; BT-Drs. 15/119, 38; kritisch hierzu Groh, DB 2004, 668, 672.
[5] Zweifelnd auch BFH v. 20.10.2010, I R 62/08, Rz. 18, BFH/NV 2011, 352, Beitrittsaufforderung an das BMF: Beschränkung des Verlustabzugs bei stiller Gesellschaft; ebenso Krumm, in Kirchhof/Seer, EStG, 2023, § 15 EStG Rz. 436; BFH v. 27.3.2012, I R 62/08, BFH/NV 2012, 1267: Abzugsbeschränkung für Verluste aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Vz 2003.

7.2 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 551

Persönlich gilt § 15 Abs. 4 S. 6 EStG für solche Gesellschafter oder Beteiligte, die an einer Kapitalgesellschaft still, unter- oder sonst wie verdeckt über eine Innengesellschaft beteiligt sind. Nach § 15 Abs. 4 S. 8 EStG wird eine natürliche Person als – ggf. mittelbar über eine andere Personengesellschaft beteiligter – Mitunternehmer aber ausgeschlossen, sodass der Anwendungsbereich de facto auf Kapitalgesellschaften beschränkt ist.[1] Ebenfalls ausgeschlossen ist die Verrechnungsbeschränkung für den Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich still oder unterbeteiligt wird.[2]

Sachlich muss der Gesellschafter nach dem klaren Wortlaut des § 15 Abs. 4 S. 6 EStG als Mitunternehmer der Innengesellschaft (stille Gesellschaft, Unterbeteiligungsgesellschaft oder sonstige) anzusehen sein (Rz. 316ff,). Nicht unmittelbar erfasst von der Verrechnungsbeschränkung sind daher insb. typisch stille Gesellschaften im Betriebsvermögen; für sie gilt § 15 Abs. 4 S. 6-8 EStG allerdings entsprechend über § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG. Da sich die Einkünfte des typischen Unterbeteiligten ebenfalls nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG bemessen,[3] gilt die Verweisung auch insoweit. § 20 EStG ist auch auf KSt-Subjekte bzw. Kapitalgesellschaften anzuwenden.[4] Darüber hinaus gilt die Verlustausgleichsbeschränkung nicht für Außengesellschaften.[5]

[1] Intemann, in H/H/R, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 1601.
[2] Förster, DB 2003, 899, 900.
[3] Statt aller Bode, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 15 EStG Rz. 331; Schacht/Petersen, Beck'sches HB der GmbH, 2021, § 13 Rz. 173.
[5] Gl. A. Krumm, in Kirchhof/Seer, EStG, 2023, § 15 EStG Rz. 428a.

7.3 Rechtsfolge von § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG

 

Rz. 552

Die Verluste sind gem. § 15 Abs. 4 S. 6, 7 EStG nur mit positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar. Ein Abzug darf insoweit auch nur "nach Maßgabe des § 10d EStG" erfolgen, sodass insb. die Regelungen zur Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) und die gesonderte Feststellung (§ 10d Abs. 4 EStG) zu beachten sind. Die Verluste von typischen stillen oder Unterbeteiligungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden, sind phasengleich zu berücksichtigen.[1]

Bestehen mehrere stille, Unterbeteiligungs- oder sonstige Innengesellschaften im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 S. 6 EStG, so darf die Verlustverrechnung gem. § 15 Abs. 4 S. 7 EStG nur mit Einkünften aus "derselben" Gesellschaft stattfinden. Daraus folgt, dass kein horizontaler Ausgleich innerhalb der verschiedenen Gesellschaften stattfinden kann. Fraglich ist, inwieweit die Identität der Gesellschaft für die Zukunft fortbestehen muss, um eine Verlustverrechnung zu ermöglichen. Richtigerweise sollten Umstrukturierungen insofern eine (Weiter-)Verrechnung ermöglichen, als sie den ganzen Betrieb betreffen, denn dann lässt sich wirtschaftlich immer noch von "derselben" Gesellschaft sprechen[2]

Als Verrechnungssubstrat kommen m. E. auch die Gewinne aus einer Veräußerung oder Aufgabe des entsprechenden Mitunternehmeranteils in Betracht.[3] Eine solche Verrechnungsmöglichkeit ist notwendig und verfass...

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