4.1 Zivilrechtliche Rechtsnatur der KGaA

 

Rz. 489

Eine KGaA ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter, der persönlich haftende Gesellschafter, den Gesellschaftsgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet, während die übrigen Gesellschafter, die Kommanditaktionäre, an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (§ 278ff. AktG).[1] Die Gesellschaft ist somit juristische Person (Kapitalgesellschaft), die sich von der KG dadurch unterscheidet, dass die Kommanditaktionäre zwar wie die Kommanditisten das Kommanditkapital aufbringen, aber anders als diese gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nicht – auch nicht beschränkt – persönlich haften (§ 278 Abs. 1 AktG). Für die KGaA sind die aktienrechtlichen Vorschriften über die AG anzuwenden (§ 278 Abs. 3 AktG), wohingegen für den persönlich haftenden Gesellschafter die Vorschriften über die KG gelten (§ 278 Abs. 2 AktG). Der persönlich haftende Gesellschafter kann selbst auch eine juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft sein.[2]

Ausländische Gesellschaften, die nach ihrem Typus der deutschen KGaA vergleichbar sind, fallen ebenfalls in den Regelungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Das ergibt sich seit seiner Neufassung aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, der durch das SEStEG[3] auf der KGaA "vergleichbare Kapitalgesellschaften" erstreckt wurde; dies können nur ausländische Gesellschaften sein[4], z. B. die italienische "società in accomandita per azioni" (S. A. p. A.).

Rz. 490 und 491 einstweilen frei

[1] Grundlegend statt vieler Arnold, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2021, § 278 AktG, Rz. 1ff.
[3] Gesetz über Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäische Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BGBl I 2006, 2782.
[4] BT-Drs. 16/2710, 30.

4.2 Steuerliche Behandlung der KGaA

 

Rz. 492

Das Steuerrecht vollzieht die Zwitterstellung der KGaA zwischen AG und KG grundsätzlich nach: Die Gesellschaft selbst unterliegt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG der KSt-Pflicht. Dann bestimmt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, dass bei KGaA der Teil des Gewinns, der an persönlich haftende Gesellschafter auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütungen (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt wird, abziehbare Aufwendungen darstellt. Die Einkünfte des Komplementärs unterliegen gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG der ESt, soweit dieser als persönlich haftender Gesellschafter und nicht als Anleger im Grundkapital erscheint. Die Kommanditaktionäre realisieren dagegen Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG.[1]

Im wirtschaftlichen Ergebnis wird mit der vorstehenden Technik erreicht, dass die Kommanditaktionäre wie die Anteilseigner der übrigen Kapitalgesellschaften besteuert werden, nämlich mit Vorbelastung durch KSt und GewSt auf Ebene der Gesellschaft und sodann mit 25 % Abgeltungsteuer gem. § 32d Abs. 1 EStG. Da für den Komplementär gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i. V. m. § 32a EStG der persönliche ESt-Satz zur Anwendung kommt, wäre eine Vorbelastung seiner Gewinnanteile auf Ebene der KGaA steuersystematisch nicht gerechtfertigt, auf diese Weise erklärt sich die Abziehbarkeit der Gewinnanteile nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist steuersystematisch nicht nur Einkünftequalifikationsnorm, sondern auch Zurechnungsnorm.[2]

 

Rz. 493

Soweit der Komplementär der KGaA Gewinnanteile auf seine nicht in das Grundkapital gemachten Einlagen erhält, wird er wie ein Mitunternehmer besteuert.[3] Zwischen der KGaA und dem oder den persönlich haftenden Gesellschaftern besteht aber keine Mitunternehmerschaft.[4] Im Unterschied zu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG kommt es ferner nicht auf Mitunternehmerrisiko oder Mitunternehmerinitiative an; der Komplementär wird dem Mitunternehmer lediglich in seiner steuerlichen Wirkung gleichgestellt.[5] Ebenso reicht eine mittelbare Stellung als Komplementär einer KGaA nicht für die Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG aus, da es an einem dem § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG entsprechenden Verweis fehlt.[6]

Soweit der persönlich haftende Gesellschafter dagegen Einlagen auf das Grundkapital hält und daraus Einnahmen (Dividenden) oder Veräußerungs- oder Liquidationsgewinne erzielt, wird auch er wie ein Kommanditaktionär behandelt (arg. §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG). Er erzielt dann Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.[7]

 

Rz. 494

Der Gewinnanteil des Komplementärs ist grds. durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.[8] Ob dem Komplementär bereits der handelsrechtliche oder erst der steuerrechtliche Gewinnanteil zugerechnet wird (Reichweite der sog. "Wurzeltheorie"), beinflusst nur die Höhe der notwendigen Korrekturen und ist daher im Ergebnis ohne Bedeutung.[9] Die Ermittlung des Gewinnanteils erfolgt ungeachtet der nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG abzusetzenden Beträge.[10] Dies betrifft auch und insb. die erfassten Tätigkeitsvergütungen, da dem Komplementär insowe...

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