Rz. 37

Der Große Senat des BFH gab durch Entscheidung v. 21.9.2009[1] seine bisherige Auslegung des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG als umfassendes Aufteilungs- und Abzugsverbot auf, wonach für sämtliche Aufwendungen, die durch die Lebensführung veranlasst waren, zugleich aber auch beruflichen Zwecken dienten (sog. gemischte Aufwendungen), ein Abzug als Erwerbsaufwand ausgeschlossen war[2], soweit der private Anteil nicht nur geringfügig war oder (ausnahmsweise) ein eindeutiger Aufteilungsmaßstab feststellbar war (Telefon- und Pkw-Kosten). Zwar betraf die Entscheidung des Großen Senats vordergründig lediglich die Frage, ob Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen nach Maßgabe der beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Zeitanteile der Reise in abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden können, wenn die beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.[3] Die Ausführungen des Großen Senats sind allerdings auch auf andere Aufwendungen als Reisekosten übertragbar. Für Reisekosten legte der Große Senat dar, dass § 12 Nr. 1 S. 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegensteht, weil er nach erneuter Überprüfung der Auffassung ist, dass die Regelung kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot normiert.[4] Weder der Wortlaut der Vorschrift, ihre Entstehungsgeschichte, die zahlreichen bisher bereits zugelassenen Ausnahmen, die steuerliche Gerechtigkeit oder Probleme der Nachprüfbarkeit oder der Praktikabilität rechtfertigen es, aus der gesetzlichen Regelung ein umfassendes Abzugsverbot herzuleiten.

 

Rz. 37a

Im Grundsatz folgt der Große Senat damit – wie er selbst konzediert – der Auffassung des VI. Senats des BFH[5], der in seinem Vorlagebeschluss darauf hingewiesen hatte, dass die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung ein Aufteilungs- und Abzugsverbot nur bei tatsächlich untrennbaren Aufwendungen in dem Sinne erfordert, dass die unterschiedlichen beruflichen bzw. betrieblichen und privaten Veranlassungszusammenhänge der (einheitlichen) Aufwendung nicht quantifizierbar sind, weil sachgerechte, objektive Aufteilungskriterien fehlen.

Wenn einmal eine (auch) der Lebensführung dienende Aufwendung vorliegt, ist die gleichzeitige Förderung des Berufs somit grundsätzlich maßgeblich, soweit eine Aufteilung möglich ist. Bei überwiegend betrieblicher (beruflicher) Veranlassung entfällt die steuerliche Berücksichtigung nicht mehr grundsätzlich. Bis zur Entscheidung des Großen Senats war lediglich ein unbedeutendes, nicht ins Gewicht fallendes Mithineinspielen privater Gründe unbeachtlich[6] oder es war (ausnahmsweise) eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung möglich (Rz. 34). Zur Frage, bis zu welcher Grenze das Hineinspielen der Lebensführung unbeachtlich war und nicht ins Gewicht fiel, Rz. 40.

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