5.1 Steuerliche Rückbeziehung des Formwechsels

 

Rz. 27

Da die Kapitalgesellschaft handelsrechtlich keine Übertragungsbilanz nach § 17 Abs. 2 UmwG aufzustellen hat, kann § 2 Abs. 1, 2 UmwStG keine Anwendung finden. § 9 S. 3 UmwStG enthält eine gegenüber § 2 Abs. 1, 2 UmwStG eigenständige Regelung für die steuerliche Rückbeziehung des Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft.[1] Danach können – abweichend von dem Grundsatz der Aufstellung einer Übertragungs- und Eröffnungsbilanz auf den Tag der Registereintragung des Formwechsels nach § 9 S. 2 UmwStG – die Übertragungs- und die Eröffnungsbilanz auch auf einen Zeitpunkt aufgestellt werden, der höchstens 8 Monate vor der Registeranmeldung des Formwechsels liegt. Auch in diesem Fall sind die Übertragungs- und Eröffnungsbilanz auf den gleichen Stichtag aufzustellen.[2] Innerhalb des von § 9 S. 3 UmwStG vorgegebenen zeitlichen Rahmens kann jeder beliebige Stichtag gewählt werden.[3] Stichtag kann damit auch der Stichtag der letzten Jahresbilanz sein mit der Folge, dass die Übertragungsbilanz und die letzte Jahresbilanz identisch sind.[4] Wird die Frist von 8 Monaten nicht eingehalten und liegt der Stichtag tatsächlich mehr als 8 Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister, gilt als steuerlicher Übertragungsstichtag der Tag der Eintragung des Formwechsels.[5] Maßgeblich ist die Frist von 8 Monaten auch dann, wenn nach den Vorschriften des ausl. Rechts eine von § 9 S. 3 UmwStG abweichende Regelung besteht.[6] Die Frist von acht Monaten ist nach § 27 Abs. 15 S. 1 UmwStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Zeitraums von 8 Monaten ein Zeitraum von 12 Monaten tritt, wenn die Anmeldung zur Eintragung des Formwechsels im Jahr 2020 erfolgt ist. Auf der Grundlage von § 27 Abs. 15 S. 2 UmwStG i. V. m. der Verordnung zu § 27 Abs. 15 UmwStG v. 18.12.2020[7] wurde § 27 Abs. 15 S. 1 UmwStG für Anmeldungen zur Eintragung des Formwechsels, die im Jahr 2021 erfolgen, für entsprechend anwendbar erklärt. Maßgebend für die Fristberechnung sind §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. § 193 BGB findet keine Anwendung.[8] Unschädlich ist es, wenn es aufgrund der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister noch zu keiner Eintragung kommt, weil noch weitere Unterlagen vom Registergericht angefordert werden.[9]

 

Rz. 28

Die Rückwirkung hat zur Folge, dass Einkommen und Vermögen der Kapital- sowie der Personengesellschaft so zu ermitteln sind, als ob das Vermögen der Kapitalgesellschaft mit Ablauf des gewählten Stichtags auf die Personengesellschaft übergegangen wäre.[10]

 

Rz. 29

Die Rechtshandlungen der Kapitalgesellschaft im Rückwirkungszeitraum sind steuerlich der Personengesellschaft zuzurechnen.[11] Dies gilt auch für verdeckte Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen im Rückwirkungszeitraum.[12] Geltung hat die Rückwirkungsfiktion auch für die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft bzw. die Gesellschafter der Personengesellschaft.[13] Die Rückwirkungsfiktion gilt nicht für den Anteilseigner der formwechselnden Kapitalgesellschaft, sofern dieser nicht gleichzeitig übernehmender Rechtsträger ist.[14] Sie gilt auch nicht für die Rechtsbeziehungen gegenüber Rechtsträgern, an denen die übertragende Körperschaft beteiligt ist, oder gegenüber sonstigen Dritten.[15]

 

Rz. 30

Die steuerliche Rückwirkung gilt unabhängig davon, ob am steuerlichen Übertragungsstichtag die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für einen Formwechsel vorgelegen haben oder nicht.[16] Sie erfasst auch Rechtshandlungen im Rückwirkungszeitraum, die das Ziel haben, die zum Übertragungsstichtag noch nicht vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für einen Formwechsel erst zu schaffen.[17] Damit ist der rückwirkende Formwechsel einer GmbH in eine GmbH & Co. KG selbst dann möglich, wenn die Komplementär-GmbH erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in das Handelsregister eingetragen wird.[18]

[2] Birkemeier, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 9 UmwStG Rz. 53; Anissimov, in Lademann, UmwStG, 3. Aufl. 2022, § 9 UmwStG Rz. 33; Möhlenbrock, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 9 UmwStG Rz. 23.
[3] Martini, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 9 UmwStG Rz. 98.
[4] Martini, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 9 UmwStG Rz. 99.
[7] BGBl I 2020, 3042.
[8] Martini, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 9 UmwStG Rz. 112.
[9] Martini, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 9 UmwStG Rz. 113.
[10] Birkemeier, in Rö...

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