Rz. 93

In der von der übertragenden Körperschaft zu erstellenden steuerlichen Schlussbilanz sind die übergehenden Wirtschaftsgüter nach § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG grundsätzlich mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Dies gilt auch für nicht entgeltlich erworbene oder selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter. Damit sind grundsätzlich alle stillen Reserven aufzudecken. Der Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter zu Buch- oder Zwischenwerten ist nach § 3 Abs. 2 UmwStG lediglich auf Antrag unter bestimmten weiteren Voraussetzungen möglich. Die Bewertung mit dem gemeinen Wert zielt in erster Linie auf grenzüberschreitende Verschmelzungen, durch die das Recht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der auf den übernehmenden Rechtsträger übertragenen Wirtschaftsgüter verloren geht bzw. eingeschränkt wird. Der Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert ist ausgeschlossen. Die Bewertung mit dem gemeinen Wert ist bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen und bei Auslandsverschmelzungen mit Inlandsbezug unabhängig von ausl. Bewertungsregelungen.[1]

 

Rz. 94

Der Begriff "gemeiner Wert" ist weder im EStG noch im KStG definiert. Es gilt die Definition in § 9 Abs. 2 S. 1 BewG. Danach ist der gemeine Wert der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Hierbei müssen nach § 9 Abs. 2 S. 2 BewG alle Umstände, welche eine Preisbeeinflussung zu indizieren geeignet sind, Eingang finden. Ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse sind nach § 9 Abs. 2 S. 3 BewG nicht zu berücksichtigen. I.d.R. führt die Ersetzung des Teilwerts durch den gemeinen Wert im Rahmen der Neuregelung des § 3 UmwStG bei der Bewertung der übergehenden Wirtschaftsgüter zu keinen gravierenden Konsequenzen, da der Teilwert nach der Interpretation durch die Rspr. letztlich dem gemeinen Wert entspricht.[2] Dies deshalb, weil sowohl bei der Ermittlung des Teilwerts unter Anwendung der von der Rspr. entwickelten Teilwertvermutungen als auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts auf Werte abgestellt wird, die aus Markttransaktionen resultieren. Im Einzelfall kann der gemeine Wert aber höher oder niedriger als der Teilwert sein.[3]

 

Rz. 95

Bei der übertragenden Körperschaft sind die übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag mit dem gemeinen Wert bzw. bei Pensionsrückstellungen höchstens mit dem Teilwert nach § 6a EStG anzusetzen. Dabei hat die Bewertung nach § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG zum gemeinen Wert nicht bezogen auf jedes einzelne übergehende Wirtschaftsgut, sondern bezogen auf die Gesamtheit der übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter zu erfolgen.[4] Zu bewerten ist also die übergehende Sachgesamtheit.

 

Rz. 96

Die Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit kann, sofern der gemeine Wert des übertragenden Rechtsträgers nicht aus Börsenkursen oder Verkäufen abgeleitet werden kann, anhand eines allgemein anerkannten ertragswert- oder zahlungsstromorientierten Verfahrens erfolgen, welches ein gedachter Erwerber des Betriebs der übertragenden Körperschaft bei der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Es gilt insoweit § 11 Abs. 2 BewG.[5] Anwendbar ist auch das vereinfachte Ertragswertverfahren nach den §§ 199ff. BewG.[6] Letzteres gilt aber nur, sofern es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Die Wertuntergrenze bei der Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit bildet der Substanzwert. Die Rangfolge der einzelnen in Betracht kommenden Bewertungsverfahren ergibt sich aus § 11 Abs. 2 S. 2 BewG. Zu beachten ist der Bewertungsvorbehalt für Pensionsrückstellungen nach § 3 Abs. 1 S. 2 UmwStG.

 

Rz. 97

In der Praxis erfolgt die Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit nach einem Ertragswertverfahren. Dabei besteht grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen den betriebswirtschaftlichen Ertragswertverfahren auf der Basis des IDW S 1 und dem vereinfachten Ertragswertverfahren nach den §§ 199ff. BewG. Die jeweiligen Bewertungsmethoden können zu erheblich abweichenden Werten führen. Dies ist bei der Ausübung des Wahlrechts zu beachten.

 

Rz. 98

Die Bewertung erfolgt auf den steuerlichen Übertragungsstichtag.[7] Maßgebend sind die Wertverhältnisse dieses Tags. Zu beachten ist, dass der steuerliche Übertragungsstichtag häufig mehrere Monate vor dem Tag der Beschlussfassung über die Verschmelzung liegt. Daraus können sich erhebliche Wertabweichungen zugunsten oder zuungunsten des Stpfl. zwischen dem gemeinen Wert der übergehenden Sachgesamtheit am steuerlichen Übertragungsstichtag zum aktuellen gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ergeben.

 

Rz. 99

Ist der gemeine Wert der Sachgesamtheit höher als die Summe der gemeinen Werte der übergehenden Wirtschaftsgüter, ist der ermittelte gemeine Wert der Sachgesamtheit nach Auffassung der Finanzverwaltung analog § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG im Verhältnis der Teilwerte der übergehende...

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