Rz. 98

Durch das Steueränderungsgesetz 2015 v. 2.11.2015[1] wurden die Regelungen der §§ 20, 21, 22 und 24 UmwStG verschärft, indem die Möglichkeit zur Gewährung sonstiger Gegenleistungen der Höhe nach beschränkt wurde. Die Neuregelungen sind erstmals anzuwenden, wenn in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge der Umwandlungsbeschluss nach dem 31. Dezember 2014 erfolgt ist oder in den anderen Fällen der Einbringungsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 abgeschlossen worden ist. Damit entfaltet das Gesetz unechte Rückwirkung für das Jahr 2015.

 

Rz. 99

Nach der Gesetzesbegründung[2] soll die rückwirkende Anwendung der Neuregelung entsprechend den verfassungsrechtlichen Maßstäben zulässig sein, zumal die Steuerpflichtigen kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage gehabt haben sollen. Aufgrund der Protokollerklärung der Bundesregierung am 19.12.2014 zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordung an den ZK der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften musste für das I. Quartal 2015 mit dem Aufgriff der zu dem Gesetz vorgetragenen Bundesratsanliegen gerechnet werden, zu denen die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung Prüfung zugesagt hatte. Die Neuregelungen sollen der Verhinderung systemwidriger Gestaltungen dienen. Weiterhin soll eine frühzeitige Anwendung der Neuregelungen erforderlich sein, um zu verhindern, dass die bisherige systemwidrige Rechtslage schon aufgrund des bloßen Ankündigungseffekts weiter zu Gestaltungen genutzt werden kann.

 

Rz. 100

Eine Rückwirkung bis zum 27.3.2015 muss wohl als verfassungsgemäß hingenommen werden, da die Neuregelungen zu diesem Zeitpunkt durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung[3] in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurden.[4] Die darüber hinausreichende Rückwirkung ist verfassungsrechtlich zumindest bedenklich, da sie erhöhten Anforderungen unterliegt. So könnte die Verfassungsmäßigkeit der über den 27.3.2015 zurückreichenden Rückwirkung bereits an dem Erfordernis eines besonderen, die Rückanknüpfung rechtfertigenden Grundes[5] scheitern, obgleich der in der Gesetzesbegründung genannte Grund, namentlich die Verhinderung von Ankündigungseffekten, sehr wohl eine weitergehende Rückwirkung zu rechtfertigen vermag.[6] Streitig dürfte hier sein, ob bereits die vage Protokollerklärung der Bundesregierung v. 19.12.2014[7] zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den ZK der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften oder erst der konkretisierte Gesetzentwurf v. 27.3.2015 als Ankündigungszeitpunkt zugrunde zu legen ist.[8] Aber auch bei Vorliegen dieses etwaigen Rechtfertigungsgrundes dürfte die Verfassungsmäßigkeit der weitergehenden Rückwirkung letztlich wohl an dem weiteren Erfordernis der Verhältnismäßigkeit bzw. Erforderlichkeit[9] scheitern, da der Gesetzgeber den gleichen zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelungen mit Beginn 1.1.2015, jedoch ohne Rückwirkung, durch eine Neuregelung bereits im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den ZK der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften[10] hätte erreichen können, was er aber bewusst unterlassen hatte.

[1] BGBl I 2015, 1834.
[2] BT-Drs. 18/4902, 51.
[3] BT-Drs. 121/15.
[4] BVerfG v. 10.10.2012, 1 BvL-6/07, BStBl II 2012, 932 (939); so wohl auch Richter, DStR 2015, 840 (846).
[7] BT-Drs. 18/4902, 1.
[8] Kritisch auch Bron, DB 2015, 940 (943); Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (858).
[10] Gesetz v. 22.12.2014, BGBl I 2014, 2417.

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