Rz. 135

Eine Grundentscheidung, die im Rahmen eines Körperschaftsteuersystems zu treffen ist, liegt in der Frage, ob bei einer Gruppe von verbundenen Unternehmen die einzelnen Unternehmen zu besteuern sind oder die Gruppe (der Konzern) als Ganzes. Das deutsche Körperschaftsteuerrecht hat diese Entscheidung dahin getroffen, dass grundsätzlich jede Kapitalgesellschaft selbst mit den bei ihr verwirklichten Besteuerungsgrundlagen zu besteuern ist.[1] Damit hat sich das deutsche Steuerrecht gegen ein "Konzernsteuerrecht" im eigentlichen Sinne entschieden. Ein Konzernsteuerrecht wäre dadurch gekennzeichnet, dass nur der Gesamtgewinn des Konzerns der Besteuerung unterworfen wird und Gewinnrealisierungen zwischen den einzelnen Gliedgesellschaften (Zwischengewinne im "inter company"-Verkehr) wie bei der Konzernrechnungslegung aus der Besteuerung ausgeschieden werden ("Einheitstheorie"). Der Besteuerung würde dann die konsolidierte Konzernbilanz, nicht die Einzelbilanzen der Konzerngesellschaften zugrunde gelegt. Institute wie die verdeckte Gewinnausschüttung wären innerhalb eines Konzerns überflüssig.

 

Rz. 136

Bei zu einem Konzern verbundenen, rechtlich selbständigen Unternehmen knüpft die Körperschaftsteuerpflicht auch im Organschaftskonzern an die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit der einzelnen verbundenen Unternehmen an (§ 11 Abs. 1 KStG). Die verbundenen Unternehmen bilden zwar eine wirtschaftliche Einheit, werden aber nach dem Trennungsprinzip rechtsformabhängig besteuert.[2] Die Organschaftsbesteuerung durchbricht insoweit partiell das körperschaftsteuerliche Trennungsprinzip sowie das Subjektsteuerprinzip, als das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet wird. Da das deutsche Steuerrecht sich gleichwohl für die Einzelbesteuerung und damit gegen die echte Konzernbesteuerung entschieden hat, gibt es kein Konzernsteuerrecht im eigentlichen Sinne.[3] Entsprechend hat auch die konsolidierte Konzernbilanz keine steuerliche Bedeutung. Es wird für jede einzelne Konzerngesellschaft das ihr zuzurechende Einkommen, einschließlich der innerkonzernlichen Gewinnrealisierungen, ermittelt und grundsätzlich bei dieser Gesellschaft auch besteuert. Es wird lediglich eine Art "Gruppenbesteuerung" ermöglicht, indem das Einkommen der einzelnen Gliedgesellschaften dem herrschenden Unternehmen im Wege der Organschaft zur Besteuerung zugewiesen wird. Eine echte Konzernbesteuerung ist dies aber nicht, weil die innerkonzernlichen Zwischengewinne nicht eliminiert werden.[4]

[1] "Trennungstheorie"; so Desens, in H/H/R, EStG/KStG, Einf. KStG Rz. 12.
[2] Drüen, in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl. 2019, Rz. 4.4f.
[3] Das Konzernsteuerrecht (dazu Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 3. Aufl. 2018) setzt sich darum nur aus der Summe aller Vorschriften zur Besteuerung von verbundenen Gesellschaften zusammen.
[4] Drüen, in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl. 2019, Rz. 4.4ff.

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