Rz. 56

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann nur an den Inhaber der mitgliedschaftsrechtlichen Stellung erfolgen oder an eine Person, die aufgrund besonderer Gestaltungen eine mitgliedschaftsähnliche Stellung innehat. Dies kann bei Bestellung eines Nießbrauchs an den Anteilen an einer Körperschaft der Nießbraucher sein. Voraussetzung ist, dass dem Nießbraucher aufgrund der Gestaltung des Nießbrauchs die Einkünfte aus der Beteiligung einkommensteuerrechtlich als aus eigener Einkunftsquelle fließend zuzurechnen sind, und dass er auf Zeit eine Stellung innehat, die der eines Gesellschafters gleicht. Das ist der Fall, wenn ihm nicht nur das Gewinnbezugsrecht zusteht, sondern auch das Stimmrecht.[1] Die Voraussetzung, dass dem Nießbraucher auch das Stimmrecht zustehen muss, ergibt sich aus der Systematik der verdeckten Gewinnausschüttung. Die Gleichstellung von Gesellschafter und Nießbraucher (der zivilrechtlich nicht Gesellschafter ist) ist nur zulässig, wenn der Nießbraucher wie ein Gesellschafter auf die Gesellschaft Einfluss nehmen kann. Aufgrund des bloßen Gewinnbezugsrechts kann für die Körperschaft kein Anlass entstehen, den Nießbraucher nicht wie einen Dritten, sondern wie einen Gesellschafter zu behandeln. Die Auszahlung des Gewinnanteils an den Nießbraucher ist zwar eine Vorteilsgewährung, mangels eines gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses kann es sich aber nicht um eine direkte verdeckte Gewinnausschüttung zwischen Kapitalgesellschaft und Nießbraucher handeln.

Sind der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft und der Nießbraucher nahestehende Personen und steht dem Nießbraucher das Stimmrecht nicht zu, kann in der Auszahlung des Gewinnanteils an den Nießbraucher jedoch eine mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter durch Vorteilsgewährung an den Nießbraucher liegen. Ist der Nießbraucher eine nahestehende Person, spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis des Gesellschafters zu der Kapitalgesellschaft. Dies gilt jedoch nicht, wenn festgestellt wird, dass die Zuwendung an den Nießbraucher seinen Grund in einer von dem Gesellschafter unabhängigen geschäftlichen Beziehung zwischen Nießbraucher und Kapitalgesellschaft hat.[2]

 

Rz. 56a

Sind Stimm- und Gewinnbezugsrecht zeitweilig in der Weise auf den Nießbraucher übergegangen, dass er den Gesellschafter vollständig von der Geltendmachung dieser Rechte ausschließen kann (liegt also nicht nur eine Mitberechtigung vor), kann eine verdeckte Gewinnausschüttung trotzdem auch an den Gesellschafter erfolgen. Entscheidend für die Möglichkeit einer verdeckten Gewinnausschüttung ist allein, ob sich die Gesellschaft veranlasst sehen kann, im Interesse des Gesellschafters trotz zeitweiliger Übertragung von gesellschaftsrechtlichen Rechten auf den Nießbraucher eine Vermögensminderung oder unterlassene Vermögensmehrung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen hinzunehmen. Solange die Gesellschafterstellung zivilrechtlich besteht, sind auch Zuwendungen auf dieser Grundlage denkbar. Die Gesellschaft kann sich veranlasst sehen, den Gesellschafter günstiger als einen unabhängigen Dritten zu behandeln, auch wenn bestimmte Gesellschaftsrechte zeitweilig nicht von ihm, sondern von dem Nießbraucher ausgeübt werden.

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