Rz. 151

Keine ausdrückliche Bestimmung enthält das Gesetz für die Ermittlung der (anteiligen) stillen Reserven bei mittelbarem Beteiligungserwerb. Möglich wäre es, die anteiligen stillen Reserven der unmittelbar und mittelbar erworbenen Beteiligungen sowie das Eigenkapital der unmittelbar oder mittelbar erworbenen Gesellschaften zusammenzurechnen und mit dem (ggf. anteiligen) Verlust zu vergleichen.[1] Bei dieser zusammenfassenden Bewertung entstehen aber dann Probleme, wenn einige der mittelbar veräußerten Gesellschaften keine Verlustvorträge aufweisen. Die stillen Reserven in diesen Gesellschaften müssten aus der Berechnung ausgeschieden werden. Außerdem steht diese Art der Berechnung nicht im Einklang mit dem Wortlaut des Gesetzes.[2]

 

Rz. 151a

Da das Gesetz keine besonderen Bestimmungen für die Ermittlung der stillen Reserven bei mittelbarem Beteiligungserwerb enthält, ist die Regelung in Abs. 1 S. 6 auch auf diesen Fall anzuwenden. Danach sind die stillen Reserven für jede betroffene Gesellschaft gesondert zu ermitteln.[3] Es ist also auf der Ebene jeder betroffenen Gesellschaft die Höhe der stillen Reserven als Differenz zwischen dem im Inland steuerpflichtigen Vermögen, bewertet zum gemeinen Wert, und dem gemeinen Wert dieser Anteile zu bestimmen. Da für diese Anteile keine Veräußerungspreise vorliegen, muss ihr gemeiner Wert durch eine Unternehmensbewertung ermittelt werden. Ein "Kaskadeneffekt" wird bei dieser mehrstufigen Ermittlung dadurch vermieden, dass die Beteiligung an der jeweils untergeordneten Gesellschaft bei der Ermittlung des Eigenkapitals der übergeordneten Gesellschaft nicht berücksichtigt wird, da insoweit im Inland keine Steuerpflicht besteht.[4]

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG erwirbt 100 % der Anteile an der X-GmbH zum Kaufpreis von 200, der dem gemeinen Wert der Anteile entspricht. Die X-GmbH ist zu 100 % an der Y-GmbH beteiligt. Die X-GmbH weist ein Eigenkapital von 120 aus; dabei ist der Buchwert der Beteiligung von 100 % an der Y-GmbH i. H. v. 30 berücksichtigt. Die Y-GmbH weist ein Eigenkapital von 20 und einen Verlust von 100 aus. Der gemeine Wert der Anteile an der Y-GmbH beträgt 40.

Das Eigenkapital der X-GmbH beträgt nach Korrektur um den Buchwert der Beteiligung an der Y-GmbH 90. Der gemeine Wert der Anteile an der X-GmbH ist um den gemeinen Wert der Anteile an der Y-GmbH zu korrigieren und beträgt daher 160. Die stillen Reserven betragen daher 70. Bis zu dieser Höhe sind Verluste der X-GmbH abziehbar.

Das Eigenkapital der Y-GmbH beträgt 20, der gemeine Wert der Anteile 40. Die stillen Reserven betragen daher 20. In dieser Höhe bleibt der Verlust abziehbar.

 

Rz. 152

Entsprechendes gilt beim Erwerb einer weniger als 100 %igen Beteiligung. Dabei ist das Eigenkapital mit dem jeweiligen Prozentsatz der durchgerechneten Beteiligung anzusetzen, ebenso der Verlust.

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG erwirbt 80 % der Anteile an der X-GmbH, die 80 % an der Y-GmbH hält, zum Kaufpreis von 100. Die X-GmbH weist keinen Verlust aus, eine Ermittlung ihrer stillen Reserven ist daher nicht erforderlich. Die Y-GmbH weist ein Eigenkapital von 20 und einen Verlust von 100 aus. Der gemeine Wert ihrer Anteile beträgt 60.

Die A-AG hat mittelbar Anteile i. H. v. 64 % an der Y-GmbH erworben.

Das Eigenkapital der Y-GmbH beträgt 20, der gemeine Wert ihrer Anteile 60. Die stillen Reserven betragen also 40. Davon sind 64 (der Prozentsatz des mittelbaren Beteiligungserwerbs) anzusetzen, also 25,6. Der Verlust, der durch den schädlichen Beteiligungserwerb unabziehbar werden kann, beträgt 30. Davon bleibt ein Betrag in Höhe der stillen Reserven von 12 weiterhin abziehbar, während ein Verlust i. H. v. 18 nicht abziehbar wird.

 

Rz. 153

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs[5] darf bei der mehrstufigen Ermittlung der stillen Reserven die Summe der in den untergeordneten Gesellschaften ermittelten stillen Reserven die im Kaufpreis bzw. im Unternehmenswert der erworbenen Gesellschaft (der übergeordneten Gesellschaft) nicht übersteigen. Die Bedeutung dieser Aussage ist unklar.[6] Sie ist auch unsystematisch, durch den Gesetzeszweck nicht gedeckt und aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht ableitbar. Die Berücksichtigung der stillen Reserven soll verhindern, dass der Stpfl. die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern der verlustträchtigen Beteiligungsgesellschaft vor einer schädlichen Veräußerung der Beteiligung an der Obergesellschaft aufdecken muss. Diese Möglichkeit besteht aber unabhängig davon, wie hoch die stillen Reserven in den veräußerten Anteilen sind. So kann der gemeine Wert der veräußerten Anteile durch die Verhältnisse anderer Beteiligungsgesellschaften, z. B. deren negative Geschäftsaussichten, gemindert sein. Das ändert aber nichts daran, dass die die Verluste ausweisende Gesellschaft ihre stillen Reserven aufdecken könnte, um die dadurch entstehenden Gewinne mit dem Verlustvortrag ausgleichen zu können. Insoweit eine Beschränkung der stillen Reserven auf die in den veräußerten Anteilen enthaltenen stillen Reserven anzuneh...

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