2.10.6.1 Allgemeines

 

Rz. 196

Eine Sanierung i. S. d. Abs. 1a liegt nur vor, wenn die Maßnahmen – neben der Verhinderung oder Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – auch auf die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen gerichtet sind. Die Sanierungsmaßnahme muss nach dem Beteiligungserwerb durchgeführt werden, da der Beteiligungserwerb sonst nicht zum Zweck des Erhalts der Betriebsstrukturen erfolgen kann.

 

Rz. 197

Hinsichtlich des Begriffs "Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen" ist das Gesetz unklar formuliert. Zwar nennt S. 3 Nrn. 1–3 Kriterien, die den Erhalt wesentlicher Betriebsstrukturen definieren können. Ein Nachteil der Gesetzesformulierung ist jedoch, dass der Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen die dort aufgeführten Maßnahmen "voraussetzt". Bei wörtlicher Auslegung ist daraus zu folgern, dass die Erfüllung eines der in den Nrn. 1–3 genannten Tatbestandsmerkmale zwar erforderlich zur Erfüllung des Tatbestands ist, allein aber noch nicht zum Erhalt wesentlicher Betriebsstrukturen führt, dass dies vielmehr nur die Voraussetzung für diesen Erhalt ist und dass das Tatbestandsmerkmal des "Erhalts der wesentlichen Betriebstrukturen" darüber hinausgeht.

 

Rz. 198

Bei dieser Auslegung wäre die Vorschrift aber nicht anwendbar, da das Gesetz keinen Anhaltspunkt dafür gibt, was wesentliche Betriebsstrukturen sind und wann sie "erhalten" werden. Die Vorschrift ist daher so zu verstehen, dass das Merkmal "Erhalt wesentlicher Betriebsstrukturen" jedenfalls dann erfüllt ist, wenn eine der in den Nrn. 1–3 genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Entsprechend formuliert die Begründung des Finanzausschusses[1], dass S. 3 die Regelung enthält, wann diese Voraussetzung vorliegt. Die Erfüllung eines der in den Nrn. 1–3 aufgeführten Tatbestände ist also nicht nur die Voraussetzung dafür, dass die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden, sondern ist selbst diese Erhaltung.

 

Rz. 199

Das Gesetz formuliert die Nrn. 1–3 nicht als Regelbeispiele, sondern als "Voraussetzungen". Daher liegt ein Erhalt wesentlicher Betriebsstrukturen nur vor, wenn einer der Tatbestände der Nrn. 1–3 erfüllt worden ist. Auf andere Weise kann das Tatbestandsmerkmal "Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen" nicht erfüllt werden.[2]

 

Rz. 200

Wenn die Tatbestände der Nrn. 1–3 in dieser Weise als abschließende Definition des "Erhalts der wesentlichen Betriebsstrukturen" angesehen werden, braucht darüber hinaus nicht definiert zu werden, was "wesentliche Betriebsstrukturen" sind und wann sie erhalten werden. Diese Definition erschöpft sich in der Darstellung der Nrn. 1–3.

 

Rz. 201

Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss die Sanierungsmaßnahme nur darauf gerichtet sein, die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Es wird nicht vorausgesetzt, dass dies auch tatsächlich gelingt. Ob die Sanierungsmaßnahme darauf gerichtet ist, ist aus der Sicht im Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme nach einem objektiven Maßstab zu entscheiden. Späteres Fehlschlagen, das danach nicht voraussehbar war, schadet nicht.

[1] BT-Drs. 16/13420, 76.
[2] Ebenso Lang, DStZ 2009, 751, 753.

2.10.6.2 Befolgung einer Betriebsvereinbarung

 

Rz. 202

Die wesentlichen Betriebsstrukturen werden erhalten, wenn Arbeitsplätze nur in angemessenem Umfang abgebaut werden. Zur Konkretisierung dieses Merkmals bestimmt Nr. 1, dass diese Voraussetzung gegeben ist, wenn aus Anlass der Krise bzw. der Sanierung eine Betriebsvereinbarung mit Arbeitsplatzregelung abgeschlossen worden ist und die Körperschaft diese Vereinbarung umsetzt. Es genügt der Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung; das Gesetz stellt keine Anforderungen an ihren Inhalt. Die Betriebsvereinbarung muss nach dem Beteiligungserwerb oder in Zusammenhang mit ihm abgeschlossen werden, da sonst der Beteiligungserwerb nicht auf die Erhaltung der Betriebsstrukturen zielen kann.[1] Das Gesetz enthält keine Anforderung, in welchem Zeitraum nach dem Beteiligungserwerb die Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden muss. M. E. ist ein zeitlicher Zusammenhang erforderlich, der ohne eine feste zeitliche Grenze besteht, solange die Sanierung noch nicht abgeschlossen ist. Bei langjährigen Sanierungsbemühungen kann die Betriebsvereinbarung daher auch mehrere Jahre nach dem Anteilserwerb abgeschlossen werden.[2]

 

Rz. 203

Zur Sanierung ist ein Arbeitsplatzabbau regelmäßig unvermeidlich. Wird dieser Arbeitsplatzabbau jedoch in Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern durch eine Betriebsvereinbarung mit Arbeitsplatzregelung durchgeführt, geht das Gesetz typisierend davon aus, dass lediglich der unumgänglich notwendige Arbeitsplatzabbau erfolgt und daher die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden.

 

Rz. 204

Zum Inhalt der Betriebsvereinbarung enthält das Gesetz keine Regelungen. Es genügt, dass eine Betriebsvereinbarung mit Arbeitsplatzregelung abgeschlossen worden ist und eingehalten wird. Der Arbeitsplatzabbau kann in der Betriebsvereinbarung auch mehr als 50 % der Arbeitsplätze umfassen; insoweit enthält das Gesetz keine Grenze. Eine Missbrauchsgrenze ist nur in Abs. 1a S. 4 e...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge