Rz. 445

S. 9 enthält die gegenläufige Vorschrift für Gewinnerhöhungen, die sich aus Zuschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i. V. m. Nr. 1 S. 4 EStG bei Darlehensforderungen ergeben. Da eine Zuschreibung bei Forderungen höchstens bis zu den Anschaffungskosten (Nennwert) erfolgen kann, kann sich eine Zuschreibung nur ergeben, wenn vorher eine Teilwertabschreibung vorgenommen worden ist. War auf diese Teilwertabschreibung S. 3 anzuwenden, war die Gewinnminderung aus der Teilwertabschreibung also nicht steuerwirksam, gilt dies entsprechend für die Gewinnerhöhung aus der Zuschreibung; diese Vermögensmehrung ist dann bei der Einkommensermittlung auszuscheiden. M. E. liegt in dem Verweis auf S. 3 ein Fehler im Gesetzgebungsverfahren vor, da sich die Gewinnminderung nach S. 3 auf Teilwertabschreibungen der Anteile bezieht, die Wertaufholung aber das Darlehen betrifft. Gemeint ist wohl S. 4. Ein weiterer Fehler im Gesetzgebungsverfahren liegt insoweit vor, als nicht auf die S. 5–8 verwiesen worden ist. Die Zuschreibung muss auch bei Sachverhalten steuerneutral sein, deren Gewinnminderungen nach S. 5–8 nicht steuerwirksam waren.[1] S. 9 betrifft zudem nur Zuschreibungen auf Forderungen. Insoweit liegt m. E. ein weiterer Fehler des Gesetzgebers bzw. eine Regelungslücke vor. Es müssen auch andere Sachverhalte erfasst werden, z. B. diejenigen Erträge, denen Aufwendungen infolge der Sicherheitengestellung gegenüberstehen.

 

Rz. 446

Die Steuerfreistellung ist keine Billigkeitsmaßnahme, wie die Gesetzesbegründung[2] suggeriert, sondern ein systematisch notwendiges Korrelat zu der steuerlichen Nichtberücksichtigung der Gewinnminderung. Soweit die Gewinnminderung steuerwirksam war, ist auch die Zuschreibung steuerwirksam.

 

Praxis-Beispiele

(1) Die A-AG hat ihrer 100 %igen Tochtergesellschaft ein Darlehen von 100.000 EUR gegeben, das zu diesem Zeitpunkt auch ein Dritter gegeben hätte. Zum Zeitpunkt der ersten (marktüblichen) Kündigungsmöglichkeit hatte das Darlehen einen Teilwert von 60.000 EUR. Die A-AG zieht das Darlehen nicht ab, sondern nimmt eine weitere Teilwertabschreibung auf 0 vor, da sich die finanziellen Verhältnisse der Tochtergesellschaft weiter verschlechtern. Nach einigen Jahren tritt eine unvorhersehbare Besserung der finanziellen Verhältnisse der Tochtergesellschaft ein, der Teilwert des Darlehens steigt dadurch auf 70.000 EUR; die A-AG nimmt eine entsprechende Zuschreibung vor. Diese Zuschreibung ist i. H. v. 60.000 EUR steuerlich nicht zu berücksichtigen, da dasselbe für die entsprechende Teilwertabschreibung galt. I. H. v. 10.000 EUR ist die Zuschreibung aus denselben Gründen steuerwirksam. Die Gewinnerhöhung von 70.000 EUR ist also, ausgehend von dem Wert von 0, zuzuordnen, nicht etwa in erster Linie der steuerwirksamen Teilwertabschreibung von 100.000 EUR auf 60.000 EUR; tatsächlich ist der Teilwert von 70.000 EUR bis 100.000 EUR nicht aufgeholt worden.
(2)

Die Muttergesellschaft M-AG übernimmt für ihre Tochtergesellschaft T-GmbH eine Bürgschaft. Die T-GmbH wird insolvent, sodass der M-AG die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft droht. Die M-AG passiviert daher eine entsprechende Rückstellung. Eine korrespondierende Forderung ist mangels tatsächlicher Inanspruchnahme noch nicht zu aktivieren. Im Rahmen einer Planinsolvenz wird auf die Forderungen gegen die Tochtergesellschaft verzichtet.

Nach dem Forderungsverzicht im Insolvenzverfahren ist die Inanspruchnahme der M-AG aus der Bürgschaft nicht mehr wahrscheinlich. Daher ist die Rückstellung (ertragswirksam) aufzulösen. Auch dieser Ertrag muss gem. § 8b Abs. 3 S. 9 steuerfrei sein.

 

Rz. 447

Gleiche Grundsätze müssen für Sachverhalte gelten, die der Zuschreibung vergleichbar sind. Das ist in erster Linie der Fall, wenn keine Zuschreibung erfolgt, sondern das Darlehen ganz oder teilweise zurückgezahlt wird, wenn die Forderung zu einem Wert über dem Buchwert verkauft wird, wenn entsprechende gewinnrealisierende Vorgänge wie Liquidation, Sachauskehrung der abgeschriebenen Forderung oder Einbringung, Verschmelzung oder Spaltung über dem Buchwert eintreten.[3] Diese Vorgänge können gedanklich in 2 Schritte zerlegt werden, nämlich z. B. die Zuschreibung wegen Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Tochtergesellschaft (einkommensneutral wegen der vorhergehenden einkommensneutralen Teilwertabschreibung) und die Zahlung in Höhe des Buchwerts der Forderung (gewinnneutral wegen der vorherigen Zuschreibung).

 

Rz. 448

Nicht von der Steuerfreiheit erfasst sind Währungskursgewinne. Da Währungskursverluste gem. S. 6 jetzt abzugsfähig sind, muss auch die Aufwertung der Forderung wegen späterer Währungskursgewinne steuerpflichtig sein. Liegt der Rückzahlungsbetrag bei Rückzahlung der Forderung wegen Währungskursgewinnen über deren Nennbetrag, ist der darüber hinausgehende Betrag ebenfalls steuerwirksam.

 

Rz. 449

Ausgedehnt werden muss die Regelung auch auf den Erlass einer Forderung gegen Besserungsschein, wenn die Forderung wegen des Eintritts des Besserungsfalls wieder aufl...

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