Rz. 648

In sachlicher Hinsicht erfasst die Vorschrift Steuergestaltungen durch Sachdarlehen und Pensionsgeschäfte, die dazu dienen, der "überlassenden Körperschaft" – jedenfalls wirtschaftlich – die Steuerfreistellung der Dividende bzw. der Veräußerungsgewinne zu verschaffen. Gegenstand des Sachdarlehens sind daher Anteile, auf die die Abs. 1, 2 dem Grunde nach anzuwenden sind, insbesondere Anteile an Kapitalgesellschaften und beteiligungsähnliche Genussrechte. Wandelanleihen und Optionsanleihen sind keine "Anteile" i. d. S.[1]

 

Rz. 649

In sachlicher Hinsicht erfasste die Vorschrift ursprünglich nur Anteile an Körperschaften, für die die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1, 2 KStG oder nach ähnlichen ausl. Vorschriften gilt. Steuergestaltungen durch Sachdarlehen und Pensionsgeschäfte sind jedoch in gleicher Weise auch mit Investmentanteilen möglich. Erträge aus Investmentanteilen sind nach § 2 Abs. 2 InvStG i. V. m. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, soweit der Investmentfonds nach § 8b KStG begünstigte Veräußerungsgewinne von anderen Körperschaften erzielt hat und diese an die Anteilsinhaber ausschüttet. Andererseits sind diese Erträge bei dem Inhaber der Anteilsscheine steuerpflichtig, wenn er zu den in § 8b Abs. 8, 9 KStG bezeichneten Körperschaften gehört. Diese Situation entspricht der, in der die Körperschaft die Anteile an der ausschüttenden Körperschaft nicht über einen Investmentfonds, sondern direkt hält; folglich bestehen auch die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten. Um insoweit eine Besteuerungslücke zu vermeiden, ist S. 9 (jetzt: S. 11) durch Gesetz v. 19.12.2008[2] angefügt worden, der die Investmentanteile den Anteilen nach § 8b Abs. 10 S. 1–10 KStG gleichstellt. Diese Gleichstellung gilt konsequenterweise allerdings nur, soweit aus den Investmentanteilen Einnahmen erzielt werden, auf die nach § 2 Abs. 2 InvStG die Steuerfreistellung nach § 8b KStG anzuwenden ist, also soweit der Investmentfonds Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Körperschaften nach § 8b Abs. 2 KStG erzielt hat.

 

Rz. 650

Die Neuregelung ist ab Vz 2009 anzuwenden.

 

Rz. 651

Die erste dieser Gestaltungen (Abs. 10 S. 1) besteht darin, dass die überlassende Körperschaft die Anteile, hinsichtlich derer die Steuerfreistellung ausgeschlossen ist, einer anderen Körperschaft (im Gesetz "andere Körperschaft" genannt) in der Weise überlässt, dass die Anteile dieser anderen Körperschaft aufgrund rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Eigentums zuzurechnen sind. Hinzukommen muss, dass diese andere Körperschaft nach der Vereinbarung verpflichtet ist, die gleichen oder gleichartige Anteile zurückzugeben. Abs. 10 ist nur anwendbar, wenn bei dieser anderen Körperschaft der Ausschluss der Steuerfreiheit für Bezüge aus den Anteilen oder aus einem etwaigen Veräußerungsgewinn keine Anwendung findet, d. h. die Bezüge und Vermögensmehrungen steuerfrei sind. Greifen die Ausschlussregelungen auch bei der anderen Körperschaft, sind mit der Gestaltung keine Steuervorteile verbunden, sodass die Anwendung des Abs. 10 als Missbrauchsverhinderungsvorschrift nicht indiziert ist.

 

Rz. 651a

Bei dem genannten Geschäft handelt es sich um ein Sachdarlehen nach § 607 BGB.[3] Der Sachdarlehensnehmer (die "andere Körperschaft") wird rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der überlassenen Anteile, da der Darlehensgegenstand in das Eigentum des Darlehensnehmers übergeht. Eine Gewinnauswirkung ergibt sich durch die Übereignung der Anteile aufgrund des Sachdarlehensvertrags weder bei dem Darlehensgeber noch bei dem Darlehensnehmer Bei dem Darlehensgeber wird die Hingabe des Sachdarlehens zum Buchwert der Anteile abgewickelt. An die Stelle des Buchwerts der überlassenen Anteile tritt die Sachdarlehens-Forderung mit dem gleichen Wert. Es erfolgt damit keine Gewinnrealisierung aus einem etwaigen höheren Kurswert der Anteile.[4] Bei dem Darlehensnehmer sind die Wertpapiere mit dem Kurswert einzubuchen; die dadurch verursachte Vermögensmehrung wird durch eine gleichhohe Darlehensverbindlichkeit neutralisiert.[5]

 

Rz. 651b

Eine solche Wertpapierleihe setzt voraus, dass das Eigentum an den Anteilen vom Verleiher auf den Entleiher übergeht. Dabei kann es sich um das zivilrechtliche oder das wirtschaftliche Eigentum handeln. Geht zwar das zivilrechtliche Eigentum über, aber nicht das wirtschaftliche, so liegt mangels steuerlicher Übertragung der Anteile keine Wertpapierleihe vor.[6] Ist keine zivilrechtliche Eigentumsübertragung erfolgt, das wirtschaftliche Eigentum jedoch übergegangen, kann darin eine Wertpapierleihe zu sehen sein. Ob das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen übergegangen ist, bestimmt sich nach den allg. Kriterien gem. § 39 AO.[7] Auch wenn die FinVerw und Rechtsprechung grundsätzlich beim Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auch vom Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ausgeht, kann dies in rein formalen Gestaltungen zu verneinen sein.[8] Ob eine derartige bloße formale Gestaltung vorliegt, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen. Indizien für...

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