Rz. 641

Durch Gesetz v. 14.8.2007[1] wurde die Steuerfreistellung nach Abs. 1–6 bei Steuergestaltungen unter Nutzung bestimmter Finanztransaktionen durch sonst nicht nach Abs. 1–6 berechtigte Körperschaften ausgeschlossen. Diese Gestaltungen werden als nicht gerechtfertigte Umgehungen der Steuerpflicht unterworfen. Die Vorschrift hat daher den Charakter einer Norm zur Verhinderung von Missbräuchen.[2] Die Regelung galt ursprünglich nur für Anteile an Körperschaften. Durch Gesetz v. 19.12.2008[3] wurde ihr Anwendungsbereich ab Vz 2009 auf Investmentanteile i. S. d. § 1 Abs. 1 InvStG ausgedehnt. Entsprechende Gestaltungen sind auch bei nicht steuerbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts und bei steuerbefreiten Körperschaften möglich. Für diese Fälle wurde in § 2 Nr. 2 KStG sowie in § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG, jeweils i. V. m. der KapESt-Pflicht nach § 32 Abs. 3 KStG, eine besondere Steuerpflicht eingeführt.[4]

 

Rz. 642

Eine entsprechende Regelung enthält § 3c Abs. 2 S. 9 EStG durch Verweisung auf § 8b Abs. 10 KStG.

 

Rz. 643

In persönlicher Hinsicht betrifft die Vorschrift Körperschaften, die Anteile an anderen (inl. oder ausl.) Körperschaften oder Investmentanteile halten, bei denen aber die Steuerfreistellungen von Bezügen und Vermögensmehrungen nicht anwendbar sind. Betroffen sind also Körperschaften, bei denen Bezüge und Vermögensmehrungen aus Kapitalanteilen steuerpflichtig sind. Worauf diese Steuerpflicht beruht, ist nicht entscheidend. Abs. 10 unterscheidet zwischen der Steuerpflicht nach Abs. 4, 7 und 8 einerseits sowie einer Steuerpflicht aus anderen Gründen. Diese Steuerpficht kann auf der Nichtanwendung des § 8b Abs. 1, 2 KStG oder auf ausl. Rechtsvorschriften beruhen. Soweit die Steuerpflicht auf Abs. 4, 7 und 8 beruht, ist Abs. 10 ohne weitere Voraussetzungen anwendbar. Daher greift die Vorschrift bei Portfoliobeteiligungen nach Abs. 4 auch ein, obwohl diese Steuerfreistellung nur Bezüge, nicht aber Veräußerungsgewinne und ähnliche Vermögensmehrungen betrifft. Die Steuerfreistellungen aus anderen Gründen, einschließlich der Steuerfreistellungen nach ausl. Recht, müssen sich jedoch auf Bezüge entsprechend Abs. 1 und Vermögensmehrungen entsprechend Abs. 2 beziehen. Da Abs. 10 die Steuerfreistellungen der "Abs. 1 und 2" anspricht, ist die Vorschrift nur anwendbar, wenn beide Steuerfreistellungen nicht anwendbar sind; ist nur eine Steuerfreistellung ausgeschlossen, ist Abs. 10 nicht anwendbar.[5]"Vergleichbar" sind ausl. Regelungen nur, wenn eine Steuerfreistellung entsprechend Abs. 1 und Abs. 2 besteht, diese für bestimmte Beteiligungen (vergleichbar mit Abs. 4) oder für bestimmte Gruppen von Stpfl. (vergleichbar mit Abs. 7, 8) ausgeschlossen ist. Keine vergleichbare Regelung liegt vor, wenn das ausl. Recht die Steuerfreiheit von Bezügen und Vermögensmehrungen nicht kennt, sondern generelle Steuerpflicht anordnet. Das Ausnutzen von Unterschieden zwischen solchen allgemeinen Regeln im Ausland (Steuerpflicht) und in Deutschland (Steuerfreistellung) fällt nicht unter Abs. 10.

 

Rz. 644

Die Gestaltungsmaßnahmen, deren Wirkung Abs. 10 unterbinden soll, bestehen darin, dass Körperschaften sich den Vorteil aus der Steuerfreistellung der Bezüge und Anteile verschaffen wollen, obwohl diese nach den gesetzlichen Bestimmungen bei ihnen besteuert werden sollen. Hierbei kann es sich um inl. oder ausl. Körperschaften einschließlich Betriebe gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG handeln.[6] Es muss sich aber stets um "Körperschaften" handeln; nichtrechtsfähige Personenvereinigungen und Vermögensmassen fallen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht hierunter.[7]

 

Rz. 645

Die Unternehmen, bei denen die Steuerfreistellung nach Abs. 1, 2 oder nach ausl. Vorschriften ausgeschlossen ist, nennt das Gesetz "überlassende Körperschaft". Der Grund für die Nichtanwendbarkeit der Steuerfreistellung nach Abs. 1, 2 kann darin liegen, dass es sich bei der betroffenen Körperschaft um ein Kreditinstitut oder ein Finanzdienstleistungsinstitut handelt und die Anteile dem Handelsbuch zuzurechnen sind bzw. bei Finanzdienstleistungsunternehmen zur kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs bestimmt sind (Abs. 7). Der Ausschluss der Steuerfreistellung kann auch darauf beruhen, dass es sich um ein Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen handelt und die Anteile den Kapitalanlagen zuzurechnen sind(Abs. 8). Schließlich sind auch Einkünfte aus Anteilen an einem REIT nach § 19 Abs. 3 REITG steuerpflichtig, da insoweit § 8b KStG nicht anzuwenden ist. Die Steuerfreistellung kann auch ausgeschlossen sein, weil die überlassende Körperschaft nur eine Streubesitzbeteiligung hält und Bezüge daher gem. Abs. 4 nicht steuerfrei sind. Dagegen macht eine Steuerfreistellung nach DBA die Abs. 1 und 2 nicht unanwendbar. Die Steuerfreistellungen nach DBA und nach § 8b Abs. 1, 2 KStG sind unabhängig voneinander und daher grundsätzlich nebeneinander anwendbar. Auch wenn eine Steuerfreistellung nach e...

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